Rezension

Zu alt für die Liebe

Der letzte Satz - Robert Seethaler

Der letzte Satz
von Robert Seethaler

Bewertet mit 5 Sternen

Wie eine Symphonie verläuft die Retrospektive Mahlers auf sein Leben, porträtiert auf seiner letzten Überfahrt in die USA. Mahler sitzt an Bord, müde, gekennzeichnet vom Leben und seiner Krankheit, gedanklich vereinsamt, obwohl seine Frau Alma und seine überlebende Tochter Anna Justine nur wenige Meter entfernt im Schiffsrumpf auf ihn warten. Mal denkt er verklärt an die Zeit, wo sich Alma und er noch nahe waren, mal überfällt ihn die Erinnerung schmerzhaft, wie der Besuch von Walter Gropius, dem leidenschaftlichen Verehrer Almas, in seinem Südtiroler Urlaubsdomizil. Mahler ist, nicht zuletzt durch den Brief, den Gropius versehentlich an ihn statt an Alma adressierte,  gepeinigt von der Vorstellung, Alma für immer verloren zu haben, die Gedanken kreisen um Freud, den er aufgrund der Schwierigkeiten mit Alma kontaktierte, an seine erstgeborene Tochter Maria Anna, die an Scharlach-Diphterie verstarb, an seine Inspiration zur neunten Symphonie, und kehren konzentrisch zur Angst zurück, zu alt für Alma zu sein. Zu alt für die Liebe. Zu alt für das Leben.