Rezension

Zu wirr, zu belehrend, zu gewollt.

Das Lied der Kämpferin -

Das Lied der Kämpferin
von Lidia Yuknavitch

Bewertet mit 2 Sternen

Ich muss zugeben, hier war ich vielleicht ein bisschen Coveropfer. Der Klapptext war zwar interessant, aber nicht super catchy, zusammen mit dem Cover wollte ich das Buch dann aber unbedingt lesen. Durch das Cover stellte ich mir unter diesem Buch eine PoC Jeanne d’Arc Story im Weltraum vor, das war dann aber nicht ganz das, was ich bekommen habe.

Nichts zum “eben mal durchlesen”
Die Geschichte beginnt in der Raumstation CIEL. Dank der Unverantwortlichkeit des Menschen ist die Erde sang und klanglos untergegangen und die Menschheit fristet nun ihr Dasein in Raumstation, doch das hat seinen Preis, denn durch die erhöhte Strahlung haben sich ihre Körper verändert. Die Haut ist bleich geworden, die Haare ausgefallen und Geschlechtsmerkmale haben sich zurückgebildet, ebenso die Libido. Die Menschen auf CIEL sind daher nun eine androgyne Gruppe, ohne sexuelle Lust, die sich stattdessen einem Körperkult hingibt, der aus bewussten Verätzungen und Einkaukasieren von Texten und Mustern in die Haut besteht.
Eine recht trostlose Ausgangssituation also, der die Autorin, was die Atmosphäre angeht auch völlig gerecht wird. Die Sinnlosigkeit dieser Existenz, die an Zynismus grenzende Absurdität des Ganzen und auch die Trostlosigkeit in diesem schwebenden Metallcontainer bringt die Autorin sehr anschaulich rüber.

Trotzdem fiel mir der Einstieg in das Buch alles andere als leicht. Der Roman ist in drei Teile unterteilt. Im ersten begleiten wir Christine, eine Hautveredlerin. Wir lernen vor allem die Gepflogenheiten und das Leben auf CIEL kennen. Schon auf den ersten Seiten wird klar, dieses Buch kann man nicht in einem Rutsch durchlesen. Yuknavitchs Stil ist geprägt von einer Distanziertheit gepaart mit bewussten zahlreichen Provokationen (insbesondere sexueller Art) und schon philosophisch anmutenden langen Monologen. Das ist nicht ganz einfach zu lesen und bedarf einer gewissen Konzentration. Interessant waren dafür für mich die sozial- und gesellschaftskritischen Aspekte, die die Autorin aufwirft, allerdings war ich mit der Ausarbeitung dieser nicht zufrieden.

Show don’t tell
Das lag vor allem an der Erzählweise der Autorin. Wie bereits erwähnt setzt sie vor allem auf innere Monologe und lässt ihre Figuren viel sinnieren. Die Handlung nimmt erst ab Teil zwei etwas Fahrt auf, aber auch hier finden wir mehr tell, als show Elemente. Das mag natürlich ein legitim gewählter Stilgriff sein, hat mich persönlich aber sehr im Lesefluss gestört und ja, auch gelangweilt.

Ein weiterer Punkt, der mir missfallen hat, ist die Undurchsichtigkeit der Handlung. Durch die immer wieder auftretenden Unterbrechungen der Handlung für philosophische Gedankengänge, gepaart mit wechselnden Erzählperspektiven erscheint manches an dem Roman doch sehr wirr und schwierig zu folgen. Ich hatte oft das Gefühl, dass die Autorin zu viele Themen unterbringen wollte, was zusätzlich den unangenehmen Nebeneffekt hatte, dass vieles an dem Roman sehr gewollt und auch belehrend wirkte. Ich bin sicher es finden sich hier viele Themen und Kritikpunkte, die der Autorin sehr am Herzen liegen und die auch unbestreitbar wichtig sind, doch erscheint es mir nicht zielführend  zu sein, diese dem Leser alle zwei Seiten um die Ohren zu hauen.
Alle Charaktere scheinen bemüht, stets bedeutungsvolle und tiefgründige Aussagen zu treffen, was im Endeffekt wenig natürlich und vielmehr literarisch erzwungen wirkt. Mit einer subtileren, anschaulicheren Herangehensweise wäre man hier, meiner Meinung nach, eher beim Leser auf fruchtbareren Boden gestoßen.

Fazit:
Mein Fall war Das Lied der Kämpferin leider überhaupt nicht, zu wirr, zu belehrend, zu gewollt und ja auch ein bisschen fad. Doch ist dies eines jener Bücher, von denen ich glaube, dass ich einfach nur die falsche Leserin bin. Wer ein komplexes Buch mit vielen sozial- gesellschaftskritischen Ansätzen sucht, kein Problem mit einem eigenwilligen, ja an manchen Stellen sogar provokativen Stil hat und sich auch von längeren philosophisch anmutenden Monologen nicht abschrecken lässt, kann gerne zugreifen. Ich denke da vor allem an Fans von “Roter Wolf, schwarzer Leopard”.