Rezension

Zwei unterschiedliche Bücher in einem

Junigewitter
von Stefanie Gercke

Bewertet mit 2.5 Sternen

Die junge Restauratorin Alice und ihr Mann Pierre wandern nach Südafrika aus und bauen sich dort ein neues Leben auf. Die Geburt ihres Sohnes Christoph krönt ihr Glück. Gemeinsam überstehen sie die Wirren und das Ende der Apartheid. Eines Tages verschwindet Christoph spurlos und als es Jahre später für Alice und Pierre endlich wieder bergauf zu gehen scheint, verschwindet auch Pierre. Daraufhin verlässt Alice Südafrika und kehrt zurück nach Lübeck zu ihrer Familie.

Die erste Hälfte des Buches erzählt vom Kennenlernen und Auswandern der Protagonistin Alice und ihrem Mann Pierre nach Südafrika. Als Leser erfährt man einiges über die südafrikanischen Gepflogenheiten und die Lebensweise, über die Armut und die hohe Kriminalität, über die Tier- und Pflanzenwelt und liest wunderbare Beschreibungen der Landschaft. Letzteres weckte in mir auch gleich die Sehnsucht, dieses wunderschöne aber zwiespältige Land irgendwann ein weiteres Mal bereisen zu wollen. Die Autorin verstand es, vor meinem geistigen Auge Bilder aufleben zu lassen und Zusammenhänge zwischen bereits Beobachtetem und im Buch Geschilderten zu entdecken. Auch den geschichtlichen Ausflug in die Zeit der Apartheid fand ich sehr interessant. Eingewoben in die Geschichte zeigte sich das alles noch ein wenig greifbarer.

„Der Zulu war ein Klotz von einem Mann, der nie lächelte. Ein Terrorist? Der Gedanke jagte ihr eiskalt durch die Adern. „Sie nennen sich Freiheitskämpfer“, flüsterte sie. „Die Münze hat zwei Seiten.“ (S. 110)

Bis zur Mitte dieses Romans war ich begeistert und glaubte schon in Stefanie Gercke eine neue Autorin für mich entdeckt zu haben, doch als sie ihre Protagonistin Alice schließlich nach Lübeck zu ihrer Familie zurückkehren lässt, kippt für mich die Geschichte.

„Alice legte das Messer zurück in die Schublade. Allmählich musste sie sich daran gewöhnen, dass dieses wohlgeordnete Land nichts mit dem wilden, aufregenden Afrika zu tun hatte, ihr hier niemand auf Schritt und Tritt nach dem Leben trachtete. Weder vierbeinig, zweibeinig noch schlängelnd ohne Beine. Hier war alles gemäßigt, nicht wild und ungezügelt. Zarte Aquarellfarben, nicht glühend wie van Gogh.“ (S. 258)

Plötzlich hatte ich das Gefühl einen beliebigen Familienroman zu lesen, in dem es ein unglaubwürdiges Familiengeheimnis zu lösen und einen Schatz zu bergen gilt, in den eine kitschige Liebesgeschichte eingewoben wurde und die weiteren handelnden Personen lieblos und oberflächlich irgendwelchen Klischees entsprungen sind. Die Charaktere bleiben flach und selbst mit Alice, die mit einigen Schicksalsschlägen zu kämpfen hat, konnte ich nicht mitfühlen, sondern blieb immer ein distanzierter Beobachter. Auch habe ich einige Logikfehler in dem Buch entdeckt, die mir den Lesespaß genommen haben. Die Handlung wirkt konstruiert und ist meist vorhersehbar, weil man als Leser schnell erkennt, dass sich in diesem Teil des Buches einfach alles zum Positiven wenden muss.

Insgesamt ließ mich das Buch enttäuscht zurück. So sehr ich den ersten Teil des Buches gemocht und mit 4 von 5 Bewertungssternen versehen hätte, so schlecht fand ich den zweiten Teil, für den ich nur 2 Sterne vergeben hätte. Daraus ergibt sich eine Durchschnittsbewertung von 3 Sternen, mit der gefühlsmäßigen Tendenz zu 2.

Ich habe den Eindruck, dass die Autorin in diesem Buch zu viele Geschichten und Ideen unterbringen wollte. Mich hat sie damit nicht überzeugen können, weshalb ich das Buch leider nicht empfehlen kann.