Rezension

Zwischen Tradition und Moderne

Eine Liebe im Kaukasus - Alissa Ganijewa

Eine Liebe im Kaukasus
von Alissa Ganijewa

Bewertet mit 5 Sternen

Patja hat ein Jahr in Moskau gelebt und kehrt nun in ihre sehr traditionelle Heimat nach Dagestan zurück. In ihrem kleinen Dorf wird sie mit ihren 25 Jahren fast schon als alte Jungfer angesehen und soll daher schnellst möglichst verheiratet werden. Ähnlich geht es Marat, einem jungen Anwalt, für den Eltern bereits sogar schon einen Raum für die Hochzeit fest gebucht haben, obwohl die richtige Braut noch nicht gefunden ist. Beide werden vielen jungen Leuten vorgestellt, bis sie sich zufällig über den Weg laufen und ineinander verlieben... .
Alissa Ganijewa hat mich mit ihrem Roman in eine ganze andere Gesellschaft mitgenommen, in der Traditionen noch einen großen Stellenwert im Alltag einnehmen und es noch sehr wichtig ist, bis zu einem bestimmten Alter verheiratet zu sein. Man erlebt mit, welche skurillen Formen die Partnersuche annehmen kann, aber auch wie sich im Dorf die Angst vor sogenannten ,,Waldbrüdern" breitmacht, von denen man einen religiös motivierten Terroranschlag befürchtet.
Aus der Sicht von Patja und Marat erlebt man den Zwiespalt mit, in dem sich gerade junge Menschen im Ort befinden. Sie sind gebildet und man merkt an vielen Stellen, dass sie auch eine viel differenziertere Sicht auf bestimmte Geschehnisse haben wie zum Beispiel die Festnahme von Halibek, einem mehr oder weniger angesehenen und sehr einflussreichen Mann in der Gegend. Dennoch wollen sie es ihren Eltern und der Verwandschaft gerne recht machen und sehen keinesfalls auf die alten Bräuche im Dorf herab.
Während Marat nur vielen geeigneten Bräuten seine Aufwartung machen muss, hat es Patja schon schwerer. Sie hat von Moskau aus über Facebook mit einem jungen Mann namens Timur Nachrichten ausgetauscht, aber wird ihn zu Hause nicht mehr los. Seine Nachstellungen und seine aufdringlichen Versuche Patja zu heiraten, bergen manchmal eine gewisse Komik.
Die Autorin Alissa Ganijewa schreibt stets gut lesbar und ermöglicht dem Leser einen Einblick in die Gesellschaft am Kaspischen Meer. Mit ein Wenig Ironie, aber ohne jegliche Respektlosigkeit schildert sie das Aufeinandertreffen von Tradition und Moderne.
Sehr nützlich fand ich auch das Glossar am Ende des Buches, wo bestimmte Ausdrücke gut erklärt werden. Auch der Übersetzerkommentar von Christiane Körner hat mir noch mehr Informationen geliefert und mir geholfen, das Gelesene besser einzuordnen.
Insgesamt hat mir ,,Eine Liebe im Kaukasus" sehr gut gefallen und mich häufig zum Schmunzeln gebracht. Gerne empfehle ich das Buch weiter.