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Das etwas andere Interview

Interview mit Niclas Haberland, äh, Sebastian Fitzek

Das etwas andere Interview, geführt mit den Protagonisten der Romane.

Niclas Haberland begegnet uns (u.a.) in dem Roman »Der Seelenbrecher«. Das Besondere daran, er weiß es zu anfangs selbst nicht, wer er ist. Sein Hintergrund hat wohl etwas mit Hypnose und Verlust zu tun. Schmerzlicher Verlust und einer Jagd, nicht nur nach seiner Vergangenheit.Dennoch ist er gut, in dem was er tut. Er muss sich erinnern und, was noch wichtiger ist, überleben. Aber wer ist Freund, wer Feind – ist vielleicht sogar er das Problem?

Ich mag Experimente, sonst würde mich Hypnose nicht interessieren und jetzt hier aus dem Nähkästchen zu plaudern, ist mir eine große Ehre. Ob das, was ich zu sagen habe, unter die Verschwiegenheitspflicht fällt?

 

Die Luft ist stickig in dem kleinen Raum. Die einsame Arbeitsleuchte auf dem glatten Tisch strahlt direkt in sein Gesicht.

 

1.) Was können Sie uns zu Sebastian Fitzek sagen - los, was müssen wir wissen?

Ich mag Fitzek. Nicht, dass wir Freunde wären, oder so etwas. Aber er hat etwas Verrücktes und Morbides an sich, das ich gerne mal analysieren würde. Allerdings ist er ein kleines Weichei, ein Feigling. Ich glaube nicht, dass er sich bei mir auf die Couch legen würde, aus Angst vor der Wahrheit, die ich als Psychiater aus dem Dunkel seiner Seele ans Tageslicht zerren würde. Er hat großes Glück, dass er als Schriftsteller nicht dazu verpflichtet ist, sich einer Analyse zu stellen.

 

2. Aha, Sie beneiden Sebastian also um etwas? Oder schlimmer, es gibt etwas, was Sie gar nicht Leiden können? Wir haben also ein Motiv?

Beneiden? Wohl kaum. Der Mann ist fast ausschließlich von Axtmördern und Psychopathen umgeben. Das geschieht bei mir nur ausnahmsweise. Schön, die Erfahrung mit dem Seelenbrecher war nicht ohne, aber das liegt lange zurück und ich bin mittlerweile im Ruhestand.

Was ich an ihm gar nicht leiden kann, ist, dass er meine Leidensgeschichte so vielen Menschen bekannt gemacht hat. Das macht es für mich etwas schwerer, ein normales Leben zu führen. Erst kürzlich hat mich ein Marc Lucas kontaktiert, dessen Leben völlig zersplittert war. Aber als Motiv Fitzek zu hassen, oder ihm gar etwas antun zu wollen, reicht das nicht aus. Und selbst wenn ich wollte. Der Kerl ist ständig unterwegs. Ich würde ihn kaum finden.

 

3. Das hört sich so an, als würde Sebastian nicht ununterbrochen schreiben - was macht er denn in dieser Zeit?

Wenn er nicht auf Lesereise ist, spielt er Tennis. Und Schlagzeug! Sein rechtes Ohr ist dadurch schon so in Mitleidenschaft gezogen, dass er den Wecker nicht hört, wenn er auf dem rechten Ohr liegt. Kann natürlich auch nur eine billige Ausrede sein.

 

4. Welchem Vorbild eifert er nach? Ist das nur schriftstellerisch so, oder auch im »normalen« Leben?

Fitzek hat, soweit ich weiß, tausende Vorbilder. Er liebt Menschen mit Leidenschaft. Ob es ein Regisseur wie Spielberg ist, ein Schriftsteller wie Michael Crichton, der in so vielen unterschiedlichen Genres brillierte, oder ein Klavierspieler wie Lang Lang. Er verehrt Edgar Allan Poe. An der Hörspielfassung von „Der Raabe", gelesen von Ulrich Pleitgen, kann er sich gar nicht satthören. Aber über das Stadium jemanden kopieren zu wollen, ist er glücklicherweise längst hinaus. Er hat, wie ich finde, seinen eigenen Stil gefunden. Übrigens nur im schriftstellerischen Leben. Privat braucht der Kerl dringend mal eine Typberatung. Allein seine Frisur ...

 

5. Gibt es Rituale, die Sebastian beim Schreiben anwendet? Hängt er bestimmter ritualistischer Musik an, oder gibt es irgendwelche berauschende Nahrungsmittel, die stets griffbereit liegen müssen?

Cola Light, schwarzer Kaffee und Lebkuchen (er schreibt meist im Winter und ist einer der ersten, der ab September die Supermärkte wegen des Weihnachtsgebäcks stürmt.) Ansonsten traue ich ja keinem Kerl, der weder Bier noch Wein trinkt und angeblich noch nie betrunken war. Mit anderen Worten: Ich traue Fitzek nicht.

 

6. Wie kam Sebastian auf Ihre Spur?

Das würde ich selbst gerne einmal wissen. Er wohnt ja in der Nähe des Teufelsbergs, wo ich einmal einige Tage verbringen musste. Vielleicht hat er hier bei einem seiner Spaziergänge von meinem Schicksal erfahren.

 

7. Wissen Sie, ob er sich Ihre Opfer immer auf diese Weise aussucht, entstehen seine Geschichten immer so?

Per Zufall? Ja, ich denke schon. Er spaziert durch die Gegend und wundert sich über eine merkwürdige Person, die seinen Weg kreuzt. Schon beginnt seine Phantasie, zu arbeiten. Wenn mich der Postbote fragt, ob ich ein Paket für meinen Nachbarn annehme, sage ich „Ja" und mache die Tür zu. Fitzek schüttelt das Paket, presst sein (linkes!) Ohr dagegen und schreibt in seinem Kopf die ersten Sätze von „Der Nachbar".

 

8. Einmal ganz frech gefragt: Wieso führe ich das Verhör mit Ihnen, was macht Sie so besonders für Sebastian Fitzek?

Das müssen Sie ihn fragen. Er hat mich gleich in zwei Büchern zitiert. Er kommt also nicht von mir los. Und mein Aussehen wird es nicht sein. Ich denke, mein Schicksal hat ihm gezeigt, dass seelische Wunden oftmals tiefer gehen als solche, die Pistolen und Messer verursachen. So gesehen hat er Angst davor, dass ihm etwas Ähnliches wie mir passieren könnte. Und diese Angst versucht er, mit seinen Büchern zu verarbeiten.

 

9. Schauen wir uns doch einmal die Beweise an: Was wird er wohl als Nächstes tun? Woran arbeitet er wohl gerade? Heckt er einen Plan zur Ergreifung der Weltherrschaft aus? Wann werden wir neue Hinweise erhalten?

Momentan ist er wieder in einer Schreibphase. Sein Schreibtischlicht, das ich von außen auf meinen Spaziergängen sehen kann, brennt im Wintergarten. Ich tippe darauf, dass Anfang April etwas Neues herauskommt. Da feiert sein Verlag (Knaur) ja auch sein 50. Taschenbuch-Jubiläum, weswegen ich mal auf einen Taschenbuchtitel setze.

Knipst die Lampe aus und lehnt sich zurück...

Bevor sie es selbst herausfinden, noch was zum Schluss. In seinem Müll, den ich nur zufällig durchstöbert habe, lag ein Fehldruck einer ersten Seite. „Der Nachtwandler". Guter Titel, wie ich finde.

 

10. Ein herzliches Dankeschön an Niclas Haberland für die Beantwortung der Fragen. Für die letzte Frage möchte ich dem Autor selbst eine Gelegenheit geben, noch etwas loszuwerden, bzw. vielleicht auch etwas richtigzustellen, was von Niclas Haberland gesagt wurde.

Viele Leser denken, ich würde Viktor Larenz persönlich kennen. Einige meinen sogar, ich wäre diese Person. Das ist falsch. Viktor und ich sind uns nie begegnet. Was ich von Anna Spiegel leider nicht behaupten kann ...

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