Rezension

Abgesang auf das Heldentum

Jäger -

Jäger
von James Salter

Bewertet mit 5 Sternen

Was für ein grandioses Buch hat der amerikanische Autor James Salter mit seinem Erstling „Jäger“ von 1957 erschaffen. Es hat mich schlichtweg umgehauen. Alles, was ich von einem Roman erwarte, hat dieses Werk erfüllt.

Und das, obwohl Salter sehr autobiografisch die Geschichte einer Fliegerstaffel im Koreakrieg erzählt. Ein „Männerbuch“ auf den ersten Blick, aber eines der anderen Art. Salter schafft es, dieses Thema mit Poesie zu durchziehen. Immer wieder findet er überwältigende Metaphern und Worte für den Wahnsinn des Krieges. Und er präsentiert einen Protagonisten, der einsamer, desillusionierter und verlassener nicht sein kann. Cleve Connell ist ein Antiheld im besten Sinne.

Das ebenfalls Überragende an diesem Buch ist, das eigentlich nicht viel passiert. Die spartanische Handlung allerdings, entwickelt einen solchen Sog und ist so perfekt aufgebaut, dass man als Leser nur staunt.
Der Krieg wird nur vordergründig verhandelt. Das Setting ist Katalysator für Heldentum, toxische Männlichkeit, Pflichtbewusstsein und Moral.
Salters Protagonist, Cleve Connell, ist Schwarmführer einer Fliegertruppe in Korea in den 1950 er Jahren. In diesem Elite Geschwader zählt primär, wieviele Abschüsse von feindlichen Maschinen man aufweisen kann. Ab fünf Treffern ist man ein „Ass“, ein Held. Die Abschüsse werden in Form von roten Sternchen hinter den Namen der Piloten festgehalten und sind Sinnbild einer Art Unsterblichkeit.
Cleve ist ein großartiger Pilot, ein verlässlicher Kamerad, aber er hat kein Glück im Bezug auf die Treffer. Das quält ihn, denn er wurde zum Gewinnen erzogen. Er brütet viel über sein Pech und das Sinnieren über Niederlagen gehört zum Großartigsten, was ich seit langer Zeit gelesen habe.

“Vielleicht stimmte es, dass man durch Niederlagen wuchs und Sieger mit jedem Triumph ein wenig mehr von jener lebenswichtigen Kraft verloren, die nur beim Sichsammeln neu erstarken konnte. Vielleicht beflügelt es den Geist, nach einer Niederlage zuerst verwirrt und dann plötzlich vollkommen klar zu sehen. Aber das, so dachte Cleve, wäre genauso, als würde man behaupten, es wäre beflügelnd, arm zu sein.“

Viele Gedanken in Salters Erstlingswerk sind philosophisch und tief berührend. Cleves Ambivalenz und Zerrissenheit, macht ihn zu einer emotionalen Hauptfigur. Salter gönnt ihm sogar eine, wie mit Pastellfarben hingetupfte, zarte Romanze. Im Mittelpunkt steht aber die Rivalität zum großmäuligen Gegenspieler Pell, der mehr Abschüsse aufzuweisen hat, als alle anderen. Pell ist das genaue Gegenteil von Cleve und wird, neben dem stets unsichtbaren Feind in der Luft, sein größter Herausforderer. Cleve muss sich zwei Kämpfen stellen, den eigentlichen Kampfhandlungen, und dem der Persönlichkeit.

Salters Prosa ist makellos.
„ Es war ein Morgen wie im Herbst oder wie die langen Marmorflure in irgendeinem Museum.“
Einen Roman zu schreiben über der Krieg und zugleich zärtliche Worte zu finden, das sucht seinesgleichen.

James Salter hat mich berührt und begeistert!