Rezension

All your repetitions

All Your Kisses - Tillie Cole

All Your Kisses
von Tillie Cole

Bewertet mit 2 Sternen

Ich wollte diese Geschichte lieben. Wirklich.

Schon bevor eine deutsche Übersetzung geplant war, hatte ich das Buch im Blick. Und können wir bitte kurz anmerken, dass sowohl Originaltitel (A Thousand Boy Kisses), als auch Originalcover (Ein Einmachglas), so viel besser zur Geschichte passen? Beides wird recht früh zu Beginn der Geschichte nämlich aufgeklärt und ich hätte mir gewünscht, dass man dabei geblieben wäre, weil es einen Bezug zur Geschichte herstellt.

Aber das ist im Grunde ja auch nur Nebensache.

Die Geschichte startet aus Runes Sicht, aus der er uns erstmal in die Geschichte hineinführt. Dieser Teil hat mir gut gefallen und in meinen Augen ist der Anfang generell wirklich stark. Schon recht früh kamen die ersten Tränchen und ich verliebte mich in die Geschichte von Poppy und Rune - zu Beginn zwei fünf Jährige, die allerbeste Freunde werden und sich versprechen, viele Abenteuer zu erleben. Die man dann aber leider nicht ganz so sehr mitbekommt. Inhaltlich gibt die Geschichte irgendwie wenig her. Ich hatte so meine Probleme, eine Bindung zu den Figuren aufzubauen. Zwar gibt es hier und da durchaus Figuren, mit denen ich mitfühlen kann, aber tiefe Sympathie empfand ich beim Lesen überhaupt nicht. Dafür war mir die Geschichte an einigen Punkten zu oberflächlich.

Menschen, die das Buch lieben, werden sich wahrscheinlich fragen, wie ich diese Geschichte denn als oberflächlich betiteln kann und ich werde versuchen, die Frage zu erklären, ohne den Inhalt zu spoilern - was wirklich schwierig ist.

Man hat also Poppy und Rune. Zwei Kinder, unzertrennlich, beste Freunde für unendlich, wie sie selbst so süß sagen und man bekommt ein wenig mit, wie die Beiden aufwachsen. Nun verrät der Klappentext ja schon, dass Rune zwei Jahre getrennt von Poppy sein muss. Da gibt es auch nochmal eine Menge Drama und das konnte ich auch irgendwie verstehen, auch wenn die Ausmaße des Ganzens genauso fragwürdig und extrem finde, wie die Figuren selbst. Beide Figuren haben ihre eigenen Extremen, die sich durch die gesamte Geschichte durchzieht. Während Poppy unbedingt ihre extreme Zufriedenheit zum Ausdruck bringen will, wird Rune in die Ecke des Bad-Boys abgeschoben.

Dennoch konnte ich durch die Geschichte hinweg keinen wirklichen Zugang zu den Figuren finden, sodass es mich kümmern würde, wie es ihnen geht, weil beide einfach so "komisch" wirken. Teilweise so aufgesetzt und inszeniert. Oft auch überhaupt nicht altersgerecht - so ist Rune schon mit 8 Jahren extrem besitzergreifend und will Poppy nur für sich alleine - was ich, um ehrlich zu sein, eher toxisch als süß finde. Auch die Dialoge wirken zum größten Teil fürchterlich überzogen. Da fehlt mir die Authentizität, die Romanfiguren zum Leben erwecken lässt, weil man krampfhaft Eindrücke und Gedanken vermitteln möchte und anscheinend nicht merkt, wann es genug ist.

Zurück in der Stadt ist er wütend, weil Poppy - wie man ebenfalls dem Klappentext entnehmen kann - den Kontakt abgebrochen hatte, obwohl sie etwas ganz anderes versprochen hat. An diesem Punkt sind beide 17 Jahre alt. Wieso, weshalb, warum das Ganze geschah, dürft ihr gerne selbst rausfinden. Ich möchte dazu nur so viel sagen: Gott sei Dank wurde sich hier nicht an einer 08/15 typischen Story bedient.
Leider reißt sie das Ruder auch nicht wieder rum. Wie gesagt, ich wollte die Geschichte wirklich lieben und bis hier hin, tat ich das auch. Und dann kommt der Mittelteil und ruiniert das Buch für mich. Es ist langweilig. Es ist repetitiv. Ständig wiederholt sich das gleiche Gesülze, ohne dass inhaltlich viel passiert. Sie wandern von A nach B zu C und sülzen sich immer wieder mit dem gleichen Kitsch zu und das hat mich so wahnsinnig genervt und frustriert, denn zuerst haben mich die ständigen Wiederholungen nur genervt, aber als die Geschichte dann anfing mich zu langweilen, war ich wirklich sauer. Ich wollte ja unbedingt, dass sie mir gefällt.

Man hat hier so unfassbar viel Potenzial. Die Idee ist gut! Die Figuren sind - zugegeben - ausbaufähig, aber es hätte so gut werden können und dann schmeißt man das alles weg, weil man unbedingt eine Protagonistin braucht, die 100 Mal ihre Gefühle erwähnen muss, damit es auch wirklich bei der letzten Person ankommt, wie furchtlos und glücklich sie ist. Uff. Großes Uff.

Während ich mich also durch den zähen Mittelteil voller Gesülze und Kitsch kämpfe, hoffe ich, dass das Ende es wieder rausreißt. Hat es sogar tatsächlich. Bis der Epilog dann doch wieder einen Strich durch die Rechnung machte. Den hätte man tatsächlich einfach komplett streichen können, weil er der Geschichte überhaupt nichts bringt. Gar nichts. Den braucht kein Mensch und in meinen Augen macht er alles kaputt, was die Geschichte im Mittelteil mit so viel Zwang aufbauen wollte.

Am Ende bleibt für mich eine langatmige Geschichte übrig, die zwar in den ersten und letzten paar Kapiteln super schön war und mich zu Tränen gerührt hat, mich aber letztendlich nicht überzeugen konnte. Weder mit ihren Figuren, die teilweise viel zu aufgesetzt und damit unglaubwürdig wirkten, noch mit ihrem Verlauf, der extrem in die Länge gezogen wurde. Und das macht mich traurig, weil ich mich so lange auf diese Geschichte gefreut hatte und wirklich nicht weiß, wann mich ein Buch zuletzt so enttäuscht hat.