Rezension

Am Wittensee

Wittensee - Susanne Bienwald

Wittensee
von Susanne Bienwald

Bewertet mit 5 Sternen

Ein sehr schönes und beruhigendes Buch über das "anders" sein. Es ist wie ein kleiner Urlaub, vom Cover, vom Schreibstil und von der Thematik her. Nicht nur für introvertierte Menschen sondern auch für Menschen die die Ruhe vorziehen, mit der Einsamkeit keine Probleme hat und sich gerne mal zurückzieht.

Ein kleines Haus am Wittensee. Zeit für Xenia, sich Gedanken zu machen. Denn Xenia war jahrelang eine Person die sie gar nicht sein oder werden wollte, die so ganz anders ist. Aber dieses „anders“ hat ihr seid den Kindergartentagen  Probleme gemacht. Denn ihr Umfeld, die Gesellschaft hat keine Zeit und kein Verständnis für stille, introvertierte Menschen. Und Xenia merkt – sie kann selbst so nicht weitermachen…

„Ich hatte oft das Gefühl, dass der Lärm in meinem Kopf hängen blieb, und verstand nur noch verschwommen, was die anderen sagten. Was dann in der Gruppe beschlossen wurde, bestimmte am Ende derjenige, der am lautesten redete, mit den Händen fuchtelte und die anderen nicht zu Wort kommen ließ. Dafür war ich nicht gemacht.“ (Seite 33)

Ich würde dieses Buch gerne als Erholungsurlaub sehen und beschreiben. Denn nicht nur das Cover stimmt einen ruhiger und ist schön anzusehen. Auch der Schreibstil der Autorin ist so leise, ruhig und doch gehen ihre Worte, Beschreibungen und die Geschichte von Xenia unter die Haut. Die Liebe zum hohen Norden Deutschlands nimmt man der Autorin gekonnt ab da sie diese Gegend sehr genau und bilderhaft beschreibt und somit zusätzlich zum Träumen einlädt.

Xenia, eine sehr interessante Person, die trotzdem so anders und doch so gleich ist wie viele andere Menschen auch. Schon mit dem Einstieg in den Kindergarten beginnen die Probleme und Xenia merkt sehr schnell dass sie so „ganz anders ist“ als die restlichen Kinder. Während alle lärmen, toben und brüllen, schubsen und schlagen will Xenia nur eine ruhige Ecke für sich, ohne dass sie mitbrüllen und mitspielen muss. Ab hier beginnen die Probleme die Xenia spalten und sich erschöpfen.

Gekonnt erzählt die Autorin durch Xenia wie sich Menschen in der Gesellschaft fühlen die eher ruhig, zurückgezogen und ja, auch introvertiert sind. Und gleichzeitig ist klar – eigentlich möchte sich kaum einer mit diesen Menschen abgeben, sie einstellen, mit ihnen befreundet sein, oder gar in einer Partnerschaft. Und gleichzeitig müssen sich diese Menschen als „krank, behindert, oder anders“ diagnostizieren lassen, mit den Vorurteilen der Gesellschaft an sie umgehen.

Xenia versucht einen Mittelweg, der ihr aber vieles abverlangt. Man merkt durch die Umstände alleine daheim wie sie von Familienmitgliedern in gewisse Sparten gedrängt wird, Zeit und Verständnis bringt kaum einer für Xenia auf. Gerade die Mutter drängt Xenia immer weiter an und lässt ihr keine Luft zum atmen.

Für mich waren die Gefühle, die Beschreibungen und diese innere Zerrissenheit von Xenia sehr gut nachvollziehbar, auch gut erklärend dargestellt.  Man kann sich in Xenia hineinversetzen und lernt ihre Welt kennen, in der sie sich wohlfühlt.

Ich würde dieses Buch allen Menschen empfehlen die sich gerne mal zurückziehen, die mit dem Alleinsein keine Probleme haben, die vielleicht auch introvertiert sind, ihren eigenen Weg gehen möchten, aber von der Gesellschaft diese Möglichkeit nicht erhalten. Auch für Menschen die eher die Ruhe lieben, keine Probleme haben für sich alleine den Gedanken und Gefühlen nachzuhängen wird dieses Buch eine  ruhige und womöglich aufklärende, aber vor allem verständnisvolle Lektüre sein.

Ich habe vieles in diesem Buch gelernt, es regt zum Nachdenken an, auch über sich selbst, wer man ist, und ob man dies wirklich ist oder ob man hier nur Mitmenschen einen Gefallen tut damit sie sich besser fühlen.

Ich empfehle es sehr gerne weiter.