Rezension

anders als erwartet

Der Walfisch - Eduardo Mendoza

Der Walfisch
von Eduardo Mendoza

Umschlagtext:"Als der Bischof Fulgencio Putucàs nach Barcelona kommt, um an einem eucharistischen Kongress teilzunehmen, wird er von seiner Gastfamilie respektvoll aufgenommen. Am Tag, an dem er wieder abreisen soll, findet in seinem Heimatland ein Militärputsch statt. Putucàs gilt als unerwünschte Person und kann nicht mehr nach Hause – er ist in Barcelona gestrandet und macht eine kuriose Wandlung durch. Er hilft im Haushalt der Familie, erledigt Einkäufe, macht die Betten, hilft bei den Hausaufgaben. Und bald ist er nicht mehr der ehrwürdige Bischof, sondern einfach Fulgencio, der die abgelegte Kleidung der Familienmitglieder aufträgt. Das ist aber nicht die einzige Wandlung, die der Bischof zur Überraschung der Familie durchläuft."

Der vorliegende Text verheißt eine locker leichte Unterhaltung über einen gestrandeten Bischof, der seine kirchlichen Würden ablegt, um eines der einfachen Schafe der Kirche zu werden. Aber so einfach ist es nicht.

Die Geschichte wird aus der Sicht des jugendlichen Sohnes der Familie erzählt, der sich zuerst, ob des Brimboriums, das um den Bischof gemacht wird, zu Tode langweilt und ihn am Ende als das erkennt, was er ist, ein einfacher Mensch, ein Gestrandeter, ein Getriebener. Die Geschichte, so kurz sie auch ist, ist mehrbödig. Nicht nur die Schlichtheit des Menschen hinter der Robe, auch die Verlogenheit der "gläubigen" Tante bei der Fulgencio zu Beginn logiert, wird thematisiert. Eine spanische Großfamilie mit ihren schwarzen, grauen und weißen Schafen lernt man im Lauf der Zeit kennen. Erst sind es nur stereotype Gestalten, aber mit der Zeit erkennt man die andere Seite, die liebevoll besorgte oder die egoistisch herablassende.

Die Entwicklung Fulgencios verliert sich in der Geschichte. Nur wenig ist wirklich belegbar. Für mich stand eher die Entwicklung des jungen Erzählers im Vordergrund. Diese ist allerdings mindestens genauso interessant. Und dann die Begegnung mit dem Walfisch... wieder eine große Metapher. 

Die Handlung des Buches beginnt 1952 und so ist auch der Stil, ein wenig altmodisch, ein wenig umständlich, aber im Nachhinein betrachtet, sehr passend für die Geschichte.

Als ich das Buch beendet hatte, habe ich mich gefragt, was war das jetzt. Aber je länger ich nachdenke, um so mehr erschließen sich mir die verschiedenen Facetten der Geschichte.

Fazit: Ein interessantes Buch, das nachdenklich macht, über den Sinn und Unsinn von Handlungen oder Gedanken. Anspruchsvoll und bemerkenswert.