Rezension

Anspruchsvoller Schreibstil und gesellschaftskritischer Krimi

Dunkler Strom - James Lee Burke

Dunkler Strom
von James Lee Burke

Südstaaten - Texas - Drogen - Vergewaltigung - Prozess - Rassismus - Reich-Arm-Konflikt - Gewalt unter Jugendlichen - Aussichtslosigkeit - Provinz - Rache - Familienfehden - die Gespenster der Vergangenheit

James Lee Burke ist in den USA ein renommierter Krimi-Schriftsteller. Er schreibt gesellschaftskritisch, sprachlich ausgefeilt und naturalistisch: Sprich - es gibt viel Gewalt, viel Korruption und viele kaputte Menschen.

Das muss man als Leser erst einmal aushalten können. i

Ich fühlte mich immer an eine Mischung aus den Filmen "Big Easy" und "In der Hitze der Nacht" erinnert. Dazu an die Zeitungsberichte über Rassismus und den Drogenkrieg mit Mexiko. Keine leichte Kost. Sicherlich nicht. Also mit Aufmerksamkeit zu lesen. Nicht einfach so nebenbei. Bei meinem ersten Buch, das ich von Burke gelesen hatte, hatte ich nicht genügend Aufmerksamkeit aufgewendet. Und irgendwann den Anschluss verpasst. Die Auflösung des Krimis hatte ich damals nicht verstanden. Diesmal war ich gewappnet: Ich habe sorgfältig gelesen, mich von den vielen schönen Landschaftsbeschreibungen (kaum) ablenken lassen.... und doch wahrscheinlich einiges nicht verstanden. Aber: Das macht nix! Denn entscheidend ist die Art, wie Burke erzählt. Er ist ein Chronist der Südstaaten. Und damit ein Chronist von Rassismus, Ungerechtigkeit und Korruption. Ergänzt um den aktuellen Drogenkrieg an der Grenze zu Mexiko. 

Und eigentlich geht es darum in diesem Buch. 

Vordergründig geht es um eine Vergewaltigung. Ein Unschuldiger wird verhaftet. Und ein Strafverteidiger mit Vergangenheit (ehemals Bundesanwalt, ehemals Texas-Ranger, ehemals zufälliger Mörder eines guten Freundes) übernimmt die Verteidigung. Denn er steht dem Angeklagten näher, als es offiziell bekannt ist....

Dann kommen eine Reihe von Nebenschauplätzen. Die eigentlich fast wichtiger sind. Die eigentlich aber keinen Spaß machen. Korrupte Polizisten, dumme und arrogante Reiche, ebenso dumme arme Menschen, die auf die Situation nur noch mit Gewalt reagieren usw. usw. Das ist manchmal schwer zu ertragen. Aber irgendwie konnte ich doch nicht aufhören  zu lesen. James Lee Burke ist eben ein guter Schriftsteller. Es lohnt sich. Auch, wenn man am Ende nicht vollkommen glücklich zurückbleibt. Weder als Leser noch als Protagonist. Aber es sind die kleinen Dinge, die dem Leben Sinn verleihen. Und auch die beschreibt Burke mit viel Liebe zum Detail. Und mit viel Können.

Also keine klare Lese-Empfehlung für Alle - sondern für diejenigen, die sich Zeit und Konzentration nehmen möchten, einen sehr besonderen Schriftsteller kennen zu lernen.