Rezension

Auf der Suche nach dem verlorenen Ich

Heute graben -

Heute graben
von Mario Schlembach

Bewertet mit 5 Sternen

Heute graben" von Mario Schlembach ist ein sehr besonderes Buch, wie ich finde. Es sticht schon rein optisch aus der Menge an publizierten Büchern heraus, wofür ich den Kremayr & Scheriau Verlag sehr schätze. In stillistischer Hinsicht ist der Roman insofern ungewöhnlich, da er sich aus fünf Heften zusammensetzt, die in ihrer Gesamtheit im Stil eines Tagebuchs Einblicke in das Innenleben des Protagnositen gewähren: Er ist Totengräber, leidet unter einer Lungenkrankheit, noch mehr an einer verlorenen Liebe zu A. und vielleicht auch der heutigen Datingkultur, in der fröhlich in der Suche nach dem großen Glück einer nach dem Anderen gedatet wird, jeder Einzelne aber irgendwie namenlos bleibt. Tatsächlich haben die Frauen, die der Totengräber trifft, auch alle keine Namen, sondern werden nur mit einem Namen des Alphabets bezeichnet. Sie scheinen austauschbar zu sein und stehen vor allem in Schatten von A., über die der Totengräber einen Roman verfasst. Träume spielen eine große Rolle und immer wieder mal habe ich mich bei der Lektüre gefragt, was real ist und was nicht? 

Es ist eine Geschichte, in der Leben, liebe und Tod als Grundthemen kunstvoll ineinander verwoben werden. Der Alltag des Protagonisten ist grau, die Enttäuschungen in der Liebe sind groß und schmerzvoll, das Voranschreiten der Krankheit frustriert. Den Namen des Totengräbers erfährt man übrigens, ich denke nicht ohne Grund erst recht spät. Da ich nicht spoilern möchte, gehe ich darauf nicht ein, aber es leitet eine wichtige Wendung in der Geschichte ein. Am Ende weiß man mehr, aber nicht alle Fragen werden beantwortet. 

Ich habe das Buch von der ersten Seite an genossen und empfehle es gerne uneingeschränkt weiter.