Rezension

Außergewöhnliche Idee, atmosphärisch dicht

Wenn die Nacht in Scherben fällt - Anika Beer

Wenn die Nacht in Scherben fällt
von Anika Beer

Bewertet mit 5 Sternen

Inhalt:
Nele ist 16, als sie mit ihren Eltern von München in die kleine (fiktive) Stadt Erlfeld zieht. Ohne ihre Freundin Lilly ist sie ziemlich auf sich allein gestellt, denn die Eltern haben wenig Zeit. Und dann spielen auch noch ihre Träume verrückt! In ihren Träumen, die Nele normalerweise selbst bestimmen kann, taucht plötzlich ohne ihr Zutun ein fremder Junge, Seth, auf. Nele fühlt sich seltsam von ihm angezogen, doch gleichzeitig begegnet sie ihm auch mit gesundem Misstrauen. In der Realität dagegen freundet sie sich mit ihrem Mitschüler Jari, einem Jungen aus „schwieriger Familie“ an. Als Jari eines Tages verschwindet, liegt es an Nele und ihrer besonderen Traumgabe, ihn zu finden.

Meine Meinung:
Dies ist der zweite Jugendroman von Anika Beer. Schon von „Als die schwarzen Feen kamen“ war ich sehr angetan. Aber „Wenn die Nacht in Scherben fällt“ gefiel mir sogar noch besser. Beers Schreibstil ist wunderbar bildhaft und mitreißend. Beschreibungen sind so detailliert, dass sofort das Kopfkino anspringt und man sich mitten im Geschehen wähnt. Während des Lesens konnte ich ganz tief in die Geschichte eintauchen und alles um mich herum vergessen. Das schaffen nur wenige Autoren! Die Sprache wirkt jugendlich und lebendig, aber nicht umgangssprachlich oder zu einfach.

Die Handlung ist wirklich außergewöhnlich. Die Autorin hat eine ganz besondere Traumwelt erschaffen, die sie logisch entwickelt. Hier gibt es Traumkammern, Traumwächter, ein Nachtglas und Vieles mehr. Was das alles zu bedeuten hat und wie es mit der realen Welt zusammenhängt, möchte ich hier aber nicht verraten, das sollte jeder beim Lesen selbst herausfinden.

Die Erzählperspektive wechselt zwischen der Traumwelt und der realen Welt, wobei die Traumwelt durch Kursivschrift gekennzeichnet ist. In der realen Welt begleitet der Leser meistens Nele, aber auch mal Jari. So wird das Geschehen von verschiedenen Seiten beleuchtet und es ergibt sich ein rundes Ganzes.

Die Charaktere sind sehr liebevoll ausgearbeitet, allen voran Nele. Sie ist von Anfang an sehr sympathisch und offen, hat aber auch ihre Geheimnisse und Sorgen, Ecken und Kanten. Sie weiß zwar, was sie will, hat aber trotzdem auch viele Zweifel. Das lässt sie sehr authentisch wirken. Jari ist ein Außenseiter, ein Einzelgänger, doch hinter der abweisenden Fassade verbirgt sich ein schreckliches Geheimnis und ein eigentlich doch ganz netter Junge. Im Laufe der Geschichte wird sehr deutlich, wie wichtig Freundschaft und Vertrauen sind.

Nele und Jari geraten in allerlei gefährliche und unheimliche Situationen. Dabei baut sich die Spannung langsam auf, um gegen Schluss ihren Höhepunkt zu erreichen. Hier will man das Buch wirklich nicht mehr aus der Hand legen, bevor der letzte Satz gelesen ist.

Das Buch ist in sich abgeschlossen, es sind am Ende so gut wie alle Fragen gelöst. Einige Handlungsfäden würden sich allerdings auch noch für eine Fortsetzung anbieten, die ich sehr gerne lesen würde.

Fazit:
Ein fantasievolles und mitreißendes Jugendbuch mit einer außergewöhnlich dichten Atmosphäre.