Rezension

Das grundlegende Prinzip von Schachtel oder Einband wird begreifbar

Schachtel, Mappe, Bucheinband - Franz Zeier

Schachtel, Mappe, Bucheinband
von Franz Zeier

Bewertet mit 5 Sternen

Zeiers grundlegendes Buch wird seit der 1. Auflage 1983 unverändert gedruckt. Der renommierte Buchgestalter und Papierdesigner will Hobbybuchbindern buchbinderische Techniken vermitteln, für die kein umfangreicher Maschinenpark nötig ist, und zugleich den Fachmann mit seinen Ausführungen nicht langweilen. Neben kurzen Kapiteln zur Herstellung geometrischer Körper (Oktaeder, Würfel, Tetraeder) und zur Montage von Blättern in Passepartouts nimmt die Herstellung von Schachteln und Mappen und die von Bucheinbänden jeweils die Hälfte des Buches ein. Zeier bewertet manuelle Genauigkeit nicht über. Seine Großzügigkeit wird in seinen Zeichnungen deutlich, die ohne exakte Abwicklungen zu liefern das Prinzip begreifbar machen, wie Schachtel oder Einband gearbeitet werden. Der Autor lässt seinen Lesern die Freiheit, das Bild aus dem eigenen Kopf später selbst umzusetzen. Auf eine Materialkunde, sowie das benötigte Fachvokabular, folgt Grundlegendes zur Verarbeitung von Pappe und Papier mithilfe von Kleister oder Leim. Außer Standard-Techniken (Schneiden, Ritzen von Graupappe) vermittelt Zeier Tricks für Situationen, in denen man im Kampf mit eingekleisterten Papierbahnen meint, ein paar Hände zu wenig zu haben.

Für Schachtelkonstrukteure ist das Buch eine Fundgrube: überzogene und innen gefütterte Schachteln mit Stülpdeckel, Mappenschachteln, Schachteln mit Einteilung/Trennwänden/ Klappdeckel/losen Einsätzen, Schachteln mit Hals und schließlich als Meisterstück eine runde Schachtel mit Deckel werden vorgestellt. Von der Abwicklung des Modells, über den "Rohbau" bis zur Ausfütterung und dem Überziehen mit Einbandpapier oder -gewebe sind alle Schritte leicht nachzuvollziehen. Sammelmappen mit Geweberücken, Klappen oder Zugbändern lassen sich problemlos mit den vorgestellten Techniken arbeiten.

Als Prototypen von Büchern stellt Zeier das Palmblattbuch, das Faltbuch in asiatischer Tradition mit Leporellofaltung und festem Deckel, sowie die klassische japanische Blockheftung vor. Indem man diese einfachen Modelle fertigt, begreift man wieder das Prinzip und vermag später die Arbeitsechniken für eigene Entwürfe umzusetzen. Zeiers Schemazeichnung des Fadenverlaufs beim japanischen Heften lässt den Papierblock einfach weg und konzentriert sich allein auf die Führung von Nadel und Faden. Weitere Werkstücke sind ein Loseblätterbuch, ein Kodex, ein einfaches Heft, eine Klebebindung mit Vorsatz und Deckel, sowie ein Deckenband und ein Fotoalbum in japanischer Block-Heftung. Ein kurzes Kapitel ermutigt, ein "aus dem Leim gegangenes" fadengeheftetes Buch komplett zu zerlegen, Risse fachgerecht zu kleben, die Lagen neu zu heften und schließlich Decke und Block wieder miteinander zu verleimen.

Von einem Klassiker dieses Alters darf man in Bezug auf die Illustrationen keine Wunder erwarten. Der "Zeier" zeigt ausführlich alle Arbeitsschritte zur Herstellung von Schachteln, Mappen und Büchern und wird gerade von Schachtelbauern noch immer wertgeschätzt.