Rezension

Das kann Dickens besser - konnte mich leider nicht überzeugen.

Oliver Twist - Charles Dickens

Oliver Twist
von Charles Dickens

INHALT:

Der Titel des bekannten Klassikers verrät bereits den Namen des vermeintlichen Protagonisten – Oliver Twist. Vermeintlich deshalb, weil die Handlung sich nicht hauptsächlich um den Jungen dreht, der im Armenhaus geboren wurde. Vielmehr werden viele Nebenstränge und -figuren in den Mittelpunkt gestellt, die den gesellschaftlichen Rahmen umreißen, in dem Oliver sein Leben fristet.
Olivers Leben im Armenhaus nimmt eine Wendung, als er um eine zusätzliche Essensration bittet – wozu er von den anderen Kindern angestiftet wird. Dadurch wird er für seinen Vormund Mr. Bumble zum Kriminellen und hart bestraft. Um ihm Zucht und Ordnung beizubringen, wird er als Lehrling des Leichenbestatters verpflichtet. Der andere Lehrling und das Dienstmädchen sind ihm alles andere als wohlgesonnen, da er aus dem Armenhaus kommt und lassen ihn das durch Gewalt und hinterhältige Intrigen spüren.
Die zarte Seele von Oliver jedoch ist zu verletzlich für diese rohen Umstände, könnte er doch nie auch nur etwas Böses denken. Ungerecht wirken die Situationen, in denen er stets den Kürzeren zieht.
Schließlich flieht Oliver nach London und trifft dort bald auf Fagins und seine Diebesbande, die unser kleiner Oliver aber zunächst nicht als diese erkennt. Als zwei anderen Jungs der Bande ein Diebstahl misslingt, lassen sie Oliver zurück und dieser wird von der Polizei aufgegriffen. Zum Glück kann seine Unschuld bewiesen werden. Mr. Brownlow, ein alter und gutherziger Mann hatte nur widerwillig gegen ihn ausgesagt und nimmt sich nach dieser Aufregung dem kleinen Oliver an. Letztlich pflegt er Oliver nach einer langen Krankheit gesund.
Als Oliver wieder genesen ist, will er sich durch einen Botengang bei seinem Wohltäter erkenntlich zeigen, wird bei diesem aber von Nancy und Sikes abgefangen und entführt, die im Auftrag von Fagin handeln. Oliver wird gezwungen, mit den beiden in eine Villa einzubrechen. Der Coup gelingt nicht, Oliver wird angeschossen und verletzt zurückgelassen. Die Besitzer der Villa, Mrs. Maylie und ihre Adoptivtochter Rose pflegen ihn daraufhin gesund. Dabei fällt die Ähnlichkeit zwischen Oliver und einem Gemälde auf.
Fagin versucht indes wieder, Oliver an sich zu bringen. Der Unbekannte – Monks – will Oliver unbedingt in Verbrechen verstricken. Warum, bleibt zunächst unklar. Wie die Umstände es wollen, geraten Mr. Bumble und seine Frau an Monks – denn Mrs. Bumble hat in ihrer Tätigkeit im Armenhaus ein Medaillon einer sterbenden Frau erhalten. Wie sich herausstellt, war dies Olivers Mutter und das Medaillon bezeugt seine wahre Herkunft. Monks will um jeden Preis verhindern, dass Oliver seine wahre Herkunft erfährt und entsorgt diese Beweise dafür.
Währenddessen versuchen auch Mrs. Maylie, Rose und schlussendlich Mr. Brownlow Licht in das Dunkel von Olivers Lebensgeschichte zu bringen.
Ob sie das am Ende schaffen und ob Olivers Pechsträhne ein Ende findet, dürft ihr aber selbst entdecken.

 

SCHREIBSTIL:

Wer „Eine Weihnachtsgeschichte“ von Charles Dickens gelesen hat, wird über den Schreibstil in „Oliver Twist“ staunen. Tatsächlich war dieser viel ausschweifender und weniger fokussiert, ja geradezu langatmig.

Schlimm werden die Zustände im Milieu der Armen Lodons beschrieben. Jedem, der sich auch vermeintlich harmlose Dinge leistet, wird der Galgen versprochen – Betrug, Misshandlungen und eine raue Sprache gehören zum Alltag, genau so wie der Kampf um Essen und das Überleben im damaligen London. Ein wirklich wichtiges Zeitzeugnis, welches beim Lesen nicht nur einmal erschreckt.

Die vielen Nebenfiguren, aus deren Sicht die Geschichte hauptsächlich erzählt wird, machten es mir leider nicht so leicht, in die Geschichte zu finden oder eine Bindung zu den einzelnen Charakteren aufzubauen. Weiterhin bestand das Buch gefühlt größtenteils aus unwichtigen und uninteressanten Dialogen, was mich oft langweilte.
Letztlich wurde der Lesefluss für mich auch durch die Übersetzung getrübt, denn alle armen Leute sprechen in so dermaßen ausgeprägten Dialekten, dass es mir keinen Spaß gemacht hat, diese zu lesen. Es wäre für mich deutlich angenehmer gewesen, wenn die Personen verständliches Deutsch gesprochen hätten und vielleicht nur eine kleine Färbung erhalten hätten. Durch diese Art der Übersetzung war die Lektüre zeitweise mehr als anstrengend.

 

FAZIT:

Wie man an meinen Schilderungen merkt, war ich alles andere als Feuer und Flamme für dieses Buch – leider. Ich hielt bisher große Stücke auf Dickens, aber mit diesem Werk wurde ich dann enttäuscht. Für mich ist ehrlich gesagt nicht direkt nachvollziehbar, dass es so ein großer Klassiker geworden ist. Lediglich die Wichtigkeit dieses Buches als Zeitzeugnis der Verhältnisse im Armenmilieu kann ich verstehen.
Der Rest war mir zu diffus und nicht greifbar genug, als dass ich mich in diesem Buch hätte fallen lassen können. 

Ein Klassiker, der mich leider nicht überzeugen konnte. Ein interessantes Zeitzeugnis, welches mit zu vielen überflüssigen Dialogen und zu wenig Fokus auf den Protagonisten viele Längen produziert. Das kann Dickens besser.