Rezension

Das Leben in einem "fremden" Land

Betrachtungen einer Barbarin -

Betrachtungen einer Barbarin
von Asal Dardan

Bewertet mit 3 Sternen

Asals Eltern, die zur iranischen Elite gehörten und für den Schah gearbeitet haben, müssen nach der Islamischen Revolution das Land verlassen. Mit der damals einjährigen Asal fliehen sie nach Deutschland, wo sie in Köln eine Mietwohnung beziehen. Asal wächst in Deutschland auf, besucht deutsche Schulen, geht aufs Internat – die Kosten trägt oft das Jugendamt.

Obwohl Asal die Heimat ihrer Eltern nur aus den stark geschmückten Erzählungen ihrer Verwandtschaft kennt, spricht sie sehr oft über Heimweh und Sehnsucht nach Orten, die sie nie besucht hat. Dabei kann sie nicht mal richtig Persisch sprechen. Ich frage mich, wie kann man irgendwas, was man nicht kennt, vermissen? Oder Sehnsucht danach haben?

In Deutschland fühlt sie sich fremd. Es ist vor allem ihr Aussehen, das sie in der Gesellschaft als Fremde abstempelt. Asal setzt sich mit der deutschen Kultur und Vergangenheit auseinander und kritisiert scharf das Land, in dem sie aufgewachsen ist und lange gelebt hat. Ausführlich beschreibt sie den NSU-Prozess, kritisiert und warnt vor Pegida und AfD.

In dem Essay „Spaziergang durch die Grüne Stadt“ erzählt sie über die Opfer des Nazi-Regimes, nach deren Namen die Straßen des Ortsteils benannt wurden. Besonders angetan ist sie von der tragischen Lebensgeschichte der Widerstandskämpferin Olga Benario-Prestes, die im Alter von 34 Jahren in der Tötungsanstalt Bernburg ermordet wurde.

Die Autorin, die sich selbst als Barbarin- eine Fremde, vor der man Angst habe- definiert, hat selbst Angst um ihre Familie, sorgt sich um die Zukunft ihrer Kinder. Das bringt sie zum Beispiel mit solchen Sätzen zum Ausdruck: „Das Hochhalten der geglückten Vergangenheitsbewältigung der Deutschen ist Augenwischerei. Dieses Land neigt noch immer zu extremer Politik.“ (143)

In den 10 Essays, die dieses Buch bilden, setzt sie sich mit Migration, Flucht, Exil, Sexismus und Mutterschaft auseinander. Sehr offen spricht sie über ihre persönlichen Erlebnisse, wie Schwangerschaft oder Abtreibung.

Das Buch weckt viele Emotionen und die Autorin kann leicht missverstanden werden. Ich konnte nicht alle Ansichten der Autorin teilen. Dies eine aber auf jeden Fall: „Aber wenn man mit Menschen auskommen möchte, dann muss man sich auf sie einlassen“. (132)