Rezension

Der Auftakt zu einer vielversprechenden Trilogie

Gorian: Das Vermächtnis der Klingen - Alfred Bekker

Gorian: Das Vermächtnis der Klingen
von Alfred Bekker

Bewertet mit 4 Sternen

Das Vermächtnis der Klingen ist ein Fantasy-Buch, wie ich es mir vorstelle: Es hat eine eigene Form der Magie (die Alte Kraft), neue Menschen-Wesen und eine neu geschaffene Welt. Für diese Welt ist dem Buch jeweils vorn und hinten in der Klappe eine einfarbige Karte abgedruckt, die beim Lesen wirklich hilfreich und notwendig war. Denn viele Teile von Ost-Erdenrund werden im Text genannt und auch bereist und so kann der Leser stets nachschauen, wo sich die Handlung gerade abspielt oder in welchem Teil der Welt diese oder jene Stadt zu finden ist. Ich habe wirklich oft und gern auf dieser hübsch gestalteten Karte nachgeschaut.
Die Hauptstory beginnt mit Gorians erster Erinnerung und seinem ersten Kontakt mit der Alten Kraft in ihm. Im Anschluss sprang die Handlung immer um ein paar Jahre nach vorn, bis sie schließlich in der Zeit ankam, in der Das Vermächtnis der Klingen spielt. Diese Vorgehensweise hat mir sehr gut gefallen, da man so die wichtigen Ereignisse nicht in Rückblenden präsentiert bekommen hat, sondern von Beginn an auf demselben Stand ist wie Gorian. So wird auch die Beziehung zu seinem Vater glaubhaft dargestellt.
Gorian ist zweifelsohne der Hauptdarsteller der Trilogie. Bekker hat ihn authentisch dargestellt und seine Handlungen sind in sich schlüssig, wenn er vielleicht auch etwas zu überheblich gestaltet wurde. Doch diese Überheblichkeit lässt sich gut dadurch begründen, dass Gorian zwar abgeschieden aufwuchs, doch stets mit dem Fokus darauf, dass er derjenige ist, dessen Schicksalslinie es ist, die die Morygors eventuell beenden kann, da an dem Tag seiner Geburt ein Meteorit auf die Erde niederging, welcher aus einem bestimmten Metall ist. Es stammt von dem Schattenbringer, den Morygor vor die Sonne schiebt um die Welt früher oder später zu einem großen Frostreich zu machen. Aus diesem Meteroriten schmiedete Gorians Vater zwei Schwerter mit zweifelhaftem Charakter aber umso mehr Macht. Genau das richtige Werkzeug um sich Morygor in den Weg zu stellen. Dass Gorian nun alles daran setzt eine bestmögliche Ausbildung zu bekommen und stets in allem voranprescht ist da nur logisch.
Es ist ein wenig schade, dass der Text auf dem Buchumschlag so extrem kurz geraten ist („Die Geburt einer Legende – Gorians Kampf gegen den Herrn der Frostfeste beginnt.“), obwohl in der Kürze doch sehr treffend. Denn so ist der interessierte Leser in spe dazu gezwungen im Laden den Klappentext zu lesen, der im Prinzip die gesamte Handlung des Buches zusammenfasst nur netterweise auslässt, wie das Finale letztendlich ausgeht… Aber mal ehrlich: Bei einer Trilogie mit dem Titel Gorian, kann man an drei Fingern abzählen, wer bestimmt nicht im ersten Teil das zeitliche segnet. Das ist sehr schade, doch sagt nichts über die Qualität des Buches aus.
Bekker versteht sein Handwerk: Praktisch von Beginn an ist die Spannung hoch, da der Leser direkt ins Geschehen geworfen wird und Bekker schafft es, diese Spannung auch konstant hoch zu halten. Dabei wird sehr viel Zeit und Raum der Phase vor der Ausbildung in der Ordensburg eingeräumt um Gorian als Charakter einzuführen und dem Leser nahe zu bringen. Dies ist für einen ersten Teil einer Trilogie auch legitim. Doch ab dem Punkt indem Gorian an der Burg eintritt wird dermaßen auf die Tube gedrückt, das praktisch keine Zeit bleibt, das wirklich gut ausgearbeitete Magiesystem (Fünf Aspekte der Alten Kraft und daher theoretisch fünf Meisterschaften, die es zu erwerben gibt) näher kennen zu lernen und ein Stück weit auch zu genießen. Die Atmosphäre hätte in der Burg viel ausführlicher ausgebaut werden müssen. Gorian ist nicht der einzige, der unter diesen besonderen Vorzeichen geboren wurde, auch Torbas darf dies von sich behaupten und auch er ist besonders begabt. Sheera kennt Gorian schon aus Vorsehungen, spürt eine tiefe Verbundenheit und weiß, dass ihre Schicksalslinien nun untrennbar sind. Außerdem ist Gorian der erste der so vermessen ist, sich in allen fünf Aspekten zum Meister ausbilden lassen zu wollen. Man merkt jedoch an keiner Stelle, das dies für ihn eine besondere Anstrengung ist. All diese Dinge werden angerissen, aber nicht in der Ausführlichkeit eingeführt, wie sie – meiner Meinung nach – für den weiteren Verlauf der Trilogie angemessen sind. Ist Torbas nun ein Freund? Man weiß es nicht. Ich hatte den Eindruck, dass der Gefährte Gorians aus der Anfangsphase, besser eingeführt und ausgearbeitet wurde als Gorians „Freunde“. Dies ist wirklich schade. Es ist wirklich so als würden große Teile des Buches weggekürzt. Dabei ist eine Seitenzahl von 478 eigentlich noch nicht die Obergrenze bei Fantasybüchern. Doch gerade in der Burg hätte eine ausführlichere Auseinandersetzung mit den neuen Gegebenheiten viel zur Athmosphäre beigetragen und Potezial war zu Genüge vorhanden. Gerade die Ausbildung zu den verschiedenen Meistertiteln hätte ich sehr interessant gefunden. Schließlich hat man doch bei Harry Potter festgestellt, das ein Schulleben auf einer Burg sehr interessant sein kann. So fehlt mir leider etwas. Ich kann nur mutmaßen, dass die Athmosphäre zugunsten der Spannung zurückstecken musste. Denn kaum ist Gorian an der Burg angekommen – so wirkt es zumindest anhand der Lesezeit, denn in Wirklichkeit verbringt er eine ganze Weile auf der Burg – wird sie auch schon von Morygors Horden angegriffen und zerstört. Ich kann das so schreiben und vorwegnehmen – steht ja bereits im Klappentext…

Fazit: Alles in allem ist Gorian – Das Vermächtnis der Klingen ein Fantasywerk, das unterhalten kann, neues bietet und wirklich spannend ist. Das meine einzige Kritik, nach mehr Gorian und mehr Ausführlichkeit verlangt, spricht für das Buch bzw. die Handlung an sich. Ich bin guter Dinge, dass in Teil zwei Die Hüter der Magie mehr Atmosphäre durch mehr Tiefe und Ausführlichkeit aufgebaut wird, denn die Handlung steht und muss nicht noch neu eingeführt werden.