Rezension

Der Bewahrer und Arbeitgeber

Der Besitzer
von Nadine Gordimer

Bewertet mit 5 Sternen

Der Südafrikaner Mehring hat sich eine Farm gekauft, als Geldanlage und Abschreibungsobjekt. Doch er will sich als Wochenendfarmer auch nicht blamieren und lernt alles über das Thema Landwirtschaft. Am Wochenende erstattet Mehrings schwarzer Verwalter Jacobus Bericht und bespricht mit Mehring die Arbeit für die nächste Woche. Ihre Beziehung zueinander ist ein feines Netz aus Führung,  Fürsorge, Verantwortung und gegenseitigen Ansprüchen. Mehring trägt die Verantwortung für Land, Mensch und Tier; Jacobus ist Mehring  Rechenschaft schuldig. Der Baass braucht nicht alles zu wissen, was während der Woche passiert.

Für die schwarzen Arbeiter der Gegend ist Jacobus  Vermittler von Hilfsjobs auf der Farm; er muss den richtigen Moment abpassen, in dem er dem Baas eine weitere Arbeitskraft aufschwatzen kann. Mehring lebt ein unordentliche Leben, getrennt von Frau und Kind. Seinen Sohn sieht er nur, wenn der aus dem Internat zu Besuch kommt. Der Kauf der Farm wirft die Frage auf, ob Mehring das Land überhaupt lange genug besitzen wird, um die Farm auf Vordermann zu bringen – oder ob weiße Farmer bald enteignet werden. Mehring entdeckt sein Interesse am Naturschutz und bemüht sich, Jacobus, den schwarzen Arbeitern und ihren Familien Achtung für die Natur zu vermitteln. Als Mehring zwei europäische Kastanienbäume pflanzen lässt, meint er zynisch: „Ich habe die Kastanien gepflanzt, damit die Schwarzen Feuerholz haben, wenn sie die Macht übernommen haben.“ Mehring hat sich entschieden; Laubbäume pflanzt man für seine Enkel.

Der 1974 unter dem Titel The Conservationist erschienene Roman spielt zur Zeit der  Apartheid in Südafrika noch vor den Ereignissen von Soweto (1976) und zur Zeit, als Namibia noch als „Südwest“ unter südafrikanischer Verwaltung stand.

Zu Beginn der Handlung wird auf Mehrings Land ein toter Schwarzer gefunden; die Polizei vertuscht den Vorfall  und begräbt den Leichnam an Ort und Stelle. Mehring und auch die Leser fragen sich, was Jacobus wohl über die Sache weiß und wie er sich aus der Angelegenheit heraus lavieren wird. Zum Ende der Handlung wird der Tote während eines Unwetters aus dem Boden gespült. Bei seiner Veröffentlichung in Deutschland 1977 wurde Gordimers Roman als Roman über die Rassentrennung bezeichnet. Das ist er auch, aber nicht nur. Sehr ausführlich wird die halblegale Existenz des indischen Händlers Bismillah beschrieben,  der seinen kleinen Laden offiziell nicht am Ort betreiben dürfte und es dennoch tut, immer auf der Hut vor den Behörden. „Der Besitzer“ ist inzwischen ein zeitloser Südafrika-Roman, der das heikle Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitern, zwischen Schwarzen, Weißen und „Farbigen“ mit großer Empathie beschreibt. Mehrings Bezeichnung als „Besitzer“ polarisiert unnötig; er wird dem Begriff des „Conservationist“ im Originaltitel nicht gerecht und ignoriert Mehrings Verantwortung für seine Arbeiter.

Ein durch die aktuellen Ereignisse in Südafrika, Namibia und Zimbabwe erstaunlich zeitloser Roman.