Rezension

Der Blick einer KI auf die Welt

Klara und die Sonne -

Klara und die Sonne
von Kazuo Ishiguro

Bewertet mit 3 Sternen

So wie Spaziergänger gern die Auslagen von Schaufenstern studieren, so studiert Klara vom Schaufenster aus tagein tagaus das Verhalten der Kunden und Passanten. Die Heldin in Kazuo Ishiguros Roman ist jedoch nicht etwa eine Puppe, in die der Autor Leben eingehaucht hat, sondern eine solarbetriebene KF, eine Künstliche Freundin, die darauf wartet, ein neues Zuhause zu finden und einen jungen Menschen ins Erwachsenenalter zu begleiten. 

Bis dahin nutzt Klara die Zeit, um so viel wie möglich über die Menschen und ihren Umgang mit ihren künstlichen Gefährten zu lernen. Ihre ausgeprägte Neugier und gute Auffassungsgabe nutzt auch die Managerin des Ladens als Verkaufsargument und überzeugt eines Tages mit Erfolg Josies Mutter. Josie ist schwerkrank und hat schon sehr lange ein Auge auf Klara geworfen.

In ruhigem Tempo erzählt Kazuo Ishiguro, wie Klara versucht, sich in ihre neue Umgebung einzuleben und allen Erwartungen gerecht zu werden, was ihr sichtlich schwer fällt. Die klare, wache Stimme und unsentimentale Lesart von Johanna Wokalek passt in der Hörbuchversion ideal zu Klaras Rolle. 

Der Autor greift ein brisantes Thema auf, zumal die Künstliche Intelligenz gerade auf diesem Feld großes Potenzial birgt, und beschäftigt sich mit der Frage, ob und wie viel Empathie ein künstliches Wesen entwickeln und gar einen Menschen ersetzen kann. Obwohl er interessante Denkanstöße gibt, hatte ich mir etwas mehr überraschende Momente in der Handlung und Interaktion zwischen Mensch und KF erhofft. Leider konnte ich bis zum Schluss eine gewisse Distanz zu den Figuren und zum Geschehen nicht überwinden.