Rezension

Der geheimnisvolle Fluch der Familie di Vaira

Der Palazzo am See - Sophia Cronberg

Der Palazzo am See
von Sophia Cronberg

Bewertet mit 4 Sternen

~~Stella Vogt ist zwar ausgebildete Historikerin, doch zwingt sie der Mangel an Angeboten dazu, sich in Frankfurt mit Gelegenheitsjobs durchzuschlagen. Ihre Tante Patricia hat sie als kleines Kind zu sich genommen und großgezogen, da ihre Mutter früh verstarb und sie ihren Vater nie kennengelernt hat. Doch plötzlich bekommt Stella ein Angebot, die Familienchronik der alt-eingesessenen italienischen Familie di Vaira zu erstellen, deren Sitz am Comer See liegt. Voller Tatendrang macht sich Stella auf nach Italien und ist beim Anblick der prachtvollen Villa ganz fasziniert. Doch schon bald muss sie feststellen, dass die schöne Fassade trügt. Flavia di Vaira, die jetzige Bewohnerin des Familiensitzes ist nicht sehr gesprächig und lebt sehr zurückgezogen mit ihren zwei Bediensteten, dem Chauffeur Fabrizio und dem Dienstmädchen Clara. Diesen beiden ist Stella nicht gerade willkommen. Immer wieder kommt es zu „Anschlägen“ auf Stella, die diese stark beunruhigen. Bei ihren Recherchen stößt Stella auf Tagebuchaufzeichnungen aus den 20er Jahren, niedergeschrieben von Berenice, der Zofe von Tizia di Vaira, die damals erst ein bekannter Stummfilmstar war, bevor sie den reichen Seidenfabrikanten Gaetano di Vaira heiratete und sich mit ihm und seinem Sohn Aurelio in der Villa niederließ. Berenice schreibt über einen Fluch, der über der Familie di Vaira zu liegen scheint. Stella entdeckt nach und nach, dass der Familienstammbaum Fehler enthält und kommt dabei auch immer mehr ihrer eigenen Geschichte auf die Spur.
Sophia Cronberg hat mit ihrem Buch „Der Palazzo am See“ einen unterhaltsamen Roman vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig, manchmal etwas zu ausschweifend, doch sehr gut zu lesen. Die Handlung teilt sich in zwei Ebenen. Der eine Teil erzählt die Gegenwart um Stella, der zweite berichtet von der Vergangenheit um Tizia und Berenice in den 20er Jahren. Die Ebenen wechseln sich immer gegenseitig ab, trotzdem lässt sich die Geschichte durchweg flüssig lesen, weil die Handlungen sehr schön ineinander übergehen. Die Landschaftsbeschreibungen sind sehr detailliert, so dass man sich die Umgebung wunderbar vorstellen kann. Der Spannungsbogen wird sehr gemächlich aufgebaut und lässt viel Spielraum für eigene Vermutungen und Gedanken. Die Charaktere sind sehr unterschiedlich angelegt, wodurch auch die Fantasie des Lesers angeregt wird, wer hier wohl der Böse ist. Stella ist eine sympathische und offene Frau, die sich voller Elan in das neue Aufgabengebiet stürzt, waren doch die Angebote bisher eher spärlich gesät. Die mysteriöse Geschichte der di Vairas zieht sie magisch an und lässt sie nicht mehr los. Durch die Erstellung der Familienchronik beschäftigt sie sich gedanklich auch mit ihrer eigenen Familie und die Sehnsucht, den eigenen Vater zu finden und kennenzulernen wird immer größer. Flavia di Vaira ist eine einsame und schroffe Frau, die sich in der Familienvilla regelrecht verschanzt. Der Chauffeur Fabrizio ist Flavia und der Familie di Vaira treu ergeben. Das Dienstmädchen Clara ist eine rätselhafte Person, die von vorn herein klarstellt, dass Stella ihr nicht willkommen ist. Und Flavias Enkel Matteo ist ein junger Mann, der Stella sehr schnell den Kopf verdreht, dabei ist er ebenso rätselhaft wie sympathisch.
„Der Palazzo am See“ ist ein schöner Urlaubsschmöker für alle, die gerne Bücher über Familiengeheimnisse verbunden mit historischem Hintergrund lesen. Das Buch ist spannend, trügerisch, traurig und unterhaltsam zugleich. Da bleiben keine Wünsche offen. Auf jeden Fall eine Leseempfehlung.