Rezension

„Der Mann in der fünften Reihe“ ist ein trauriges Buch, das man dennoch kaum aus der Hand legen kann, weil Olmi den Leser mitnimmt in die seelischen Abgründe einer verlorenen Liebe und eines Lebens das verloren scheint.

Der Mann in der fünften Reihe - Véronique Olmi

Der Mann in der fünften Reihe
von Véronique Olmi

Bewertet mit 5 Sternen

Veronique Olmi, Der Mann in der fünften Reihe, Kunstmann 2017, ISBN 9878-3-95614-167-6

 

Auch in ihrem neuen kleinen und minimalistischen Roman hat Veronique Olmi ihre literarische Technik perfektioniert, das Seelenerleben von Menschen in krisenhaften Situationen in kurzen Abschnitten und noch kürzeren Absätzen zu beschreiben.

 

In „Der Mann in der fünften Reihe“ lässt sie ihre ich-erzählende Hauptperson, die Schauspielerin Nelly Bauchard, 47 Jahre alt und Mutter zweier Jungen mitten in der Nacht  auf einer Bank am Pariser Bahnhof Gare de L`Est über ihr Leben nachdenken, das sie verloren glaubt. Mit für Olmi typischen Stil beginnt das Buch:

„Ich wies nicht, wie lange ich schon auf dieser Bank sitze. Seit Stunden fährt kein Zug mehr ab, kommt keiner mehr an (…) Eisige Stille bis ins Mark meiner Knochen. Hinter mir eine riesige, verschlossene Stadt. Vor mir die leeren Züge wie gestrandete Wale. Und Sie. Vielleicht hören Sie mir zu. Es ist eine Welt, die nichts ehr zu sagen hat. In der ich mich verloren habe.“

 

Sie legt, wie in einer Beichte, vor dem ihr unbekannten Zuhörter bzw. Leser eine Lebensbeichte ab. Eine wichtige Rolle dabei spielt „der Mann in der fünften  Reihe“, der bei der gestrigen Vorstellung von Pirandellos Stück „Sechs Personen suchen einen Autor“ als einziger nicht zu ihr hinschaute.  Vor Monaten schon hat sie sich von diesem Mann getrennt, und sie fragt sich, was er von ihr will.  Der Mann bleibt namenlos, sie weigert sich, ihn auch nur zu denken. Denn diese Liebe, die da z Ende ging, war kein Spiel, sondern eine Zeit, die das Leben von Nelly Bauchard fast zerstört hat. Und sie fragt sich, während sie darüber nachdenkt:

„Wie nennt man eine Liebe, die weder enden noch neu beginnen, sich weder belügen noch erniedrigen kann?“

Und wenige Seiten danach, verzweifelt: „Warum vereinigen wir uns mit Menschen, die uns lieben und uns irgendwann in Fetzen zurücklassen? Warum geben wir dem anderen, was wir so sorgfältig bewahrt haben?“

 

 

„Der Mann  in der fünften Reihe“ ist ein trauriges Buch, das man dennoch kaum aus der Hand legen kann, weil Olmi den Leser mitnimmt in die seelischen Abgründe einer verlorenen Liebe und eines Lebens das verloren scheint.