Rezension

Der Thriller im Endzeitszenario

V5N6 - Louise Welsh

V5N6
von Louise Welsh

Bewertet mit 4 Sternen

Die ehemalige Journalistin Stevie Flint wird von ihrem Freund Simon, einem Kinderchirurgen, im Restaurant versetzt. Als sie am nächsten Tag, nach ihrem neuen Job bei einem Shoppingsender, die Wohnung ihres Freudes betritt, findet sie seine Leiche vor. Sie verständigt die Polizei und fährt nach der Befragung nach Hause. Kaum zu Hause beginnt sie richtig krank zu werden und erst ein paar Tage später geht es ihr wieder besser. Genau da taucht Simons Cousine bei ihr auf und stellt viele Fragen und eröffnet Stevie kurzer Hand, dass zur Zeit viele Menschen an einem schweren Fieber erkranken, dass meist tödlich endet. Gleichzeitig überreicht sie Stevie einen letzten Brief Simons, der an sie gerichtet ist. Dieser Brief eröffnet Stevie, dass Simon seinen Laptop bei ihr versteckt hat und sie diesen an einen Arzt im Krankenhaus, in dem arbeitete, überreichen soll, aber nur diesem einen Arzt, sonst dürfe sie keinem trauen. Stevie ahnt, dass mit Simons Tod etwas nicht stimmen kann und beginnt mit ihren Nachforschungen. Gleichzeitig verbreitet sich das Fieber und die Welt gerät aus den Fugen.
Meine Meinung:
Das Buch ist der erste Teil einer angekündigten Trilogie und beginnt mit einem Prolog, der scheinbar so gar nicht zum Rest des Buches zu passen scheint. In diesem Prolog eröffnen drei angesehene Persönlichkeiten, ein Priester, ein Tory-Abgeordneter und ein Hedge-Fonds Manager, das Feuer auf unschuldige Menschen. Man hat diesen Prolog ständig im Hinterkopf, erhält aber hierzu keinerlei weitere Informationen. Das ist sehr geschickt eingebunden, denn als Leser hatte ich immer das Gefühl, dass da noch mehr zu kommen muss und will auch jetzt noch wissen, was es damit auf sich hat. Aber in diesem ersten Band erfährt man, wie Stevie versucht, den Mord an ihrem Freund aufzuklären, während im Hintergrund ein erschreckendes Endzeitszenario abläuft. Der Schreibstil der Autorin hat mir sehr gut gefallen, er ist flüssig und spannend und bedient sich eher einer gehobenen Sprache, very british, fiel mir dazu ein. Welsh verknüpft bekannte Elemente eines Endzeitthrillers mit Elementen eines Krimis und als Leser steht man mitten im Geschehen. Während die Welt völlig aus den Fugen gerät und die Ordnung nach und nach zusammenbricht, ermittelt Stevie scheinbar ruhig über die Geschehnisse rund um den Mord. Ich fand das auf einer Seite sehr fragwürdig, aber auf der anderen Seite auch wiederum verständlich, es kam mir beinahe so vor, als würden diese Ermittlungen Stevie einen gewissen Halt in der Welt, wie sie sie kannte, geben und als würde sie es nicht richtig wahr haben wollen, was da um sie herum passierte. All diese Geschehnisse sind so verwirrend und absurd, dass sie völlig glaubhaft erscheinen und das Spannungslevel konstant oben halten. Man sieht, wie so langsam die öffentliche Ordnung zerfällt, wie gesunde Menschen den Kranken nicht mehr helfen wollen, wie Gesunde die Flucht ergreifen, vor etwas, dass man gar nicht sehen kann oder wie sie beginnen sich gegenseitig anzugreifen. Ich war beim Lesen völlig fasziniert von dieser Mischung aus, was ist mit Simon geschehen und wen interessiert das denn überhaupt noch?
Stevie als Protagonistin mag ich auf der einen Seite sehr gerne, auf der anderen wundert mich immer wieder, wie sie handelt. Sie ist eine durchaus sympathische Figur, die hartnäckig ihre Ziele verfolgt und nicht aufgibt. Allerdings erfährt man nicht allzu viel von ihrer Gefühlswelt, da hätte ich mir vielleicht etwas mehr Tiefgang gewünscht, denn ich kann es kaum glauben, dass man so geradeaus seine eigenen Ziele und Wege verfolgt, während alles zusammenbricht. Ihre Handlungen bleiben eher kühl und mehr Kopf- als Herzsache.
Mein Fazit:
Alles in allem hat mir dieses Buch sehr gut gefallen und es hat natürlich noch unglaublich viele Fragen offen gelassen, so dass ich durchaus neugierig genug bin, um mehr heraus finden zu wollen, wie es mit der Menschheit weiter geht und woher dieser Virus überhaupt stammt. Mit gehobener Sprache bleibt der Schreibstil flüssig und spannend, Stevie als Hauptcharakter hat mich nicht hundert Prozent überzeugt, weil sie mir ein wenig zu kühl gehandelt hat. Von mir gibt es gute vier Sterne!