Rezension

Der Wert von Freiheit in einem schwachen Fantasyroman vermittelt

Rabenmond - Der magische Bund - Jenny-Mai Nuyen

Rabenmond
von Jenny-Mai Nuyen

„Ich glaube“, sagte er langsam, „du bist genau die Richtige, um das Herz eines Jungen zu brechen, der noch nicht weiß, dass er ein Herz besitzt.“
- Rabenmond, S. 179

Es war ein lächerliches Spiel, das Mions Schicksal besiegeln sollte. Als sie einen Fuchs erschießt, um mit ihren Freunden Ritus spielen zu können, verwandelt dieser sich plötzlich in einen Jungen und Mion muss erkennen, dass sie einen Drachen, einen der Herrscher über Menschen wie sie, angegriffen hat. Anstatt sie zu verraten, versucht der junge Lyrian sie jedoch vor den Klauen der Seinen zu beschützen und will sie verschonen, denn das Mädchen aus dem Wald hat etwas in ihm angerührt, von dem er bisher nicht wusste, es zu besitzen: Gefühle. Und in einer Welt, in der Drachen über die Menschen herrschen, weil sie auf ihren Verstand vertrauen und sich nicht wie Menschen von Gefühlen leiten lassen, wird Mion auf einmal eine Rolle zugedacht, die Herrschaft der Drachen und von Lyrians Familie zu beenden.

Der Klappentext des Buches verspricht eine interessante Geschichte, die jedoch nur schwach in ihrer Umsetzung ist. Die Autorin hat ein ernstes Thema für ihren Roman gewählt und wirft die Frage nach Freiheit und Gerechtigkeit auf, die in den Augen der Drachen nicht miteinander vereinbar sind. Zu ihrem eigenen Schutz müssen die Menschen ihre Freiheit unter der Herrschaft der Drachen aufgeben und nur wenige kommen auf die Idee, diese Weltordnung zu hinterfragen, obwohl die meisten Menschen in den sogenannten Ruinen ein Leben in ärmlichsten Verhältnissen führen und auch die reichen Gildenangehörigen, die die mächtigen Herrscher unterhalten und ihnen dienen, verstehen die Drachen so geschickt zu lenken, dass sie kaum merken, wie ihnen mitgespielt wird. Diese Ungerechtigkeit muss erst von Jagu, Mions Lehrmeister, offengelegt werden und muss nur wenige Zeit später hinter den selbstsüchtigen Zielen von Jagu zurückstecken und wird schließlich, als auch den Gildemitgliedern die Ungerechtigkeit unter der Herrschaft der Drachen aufgeht, nur noch von schwachen Charakteren im Handlungsverlauf der Geschichte fortgeführt. Der Aufstand der Menschen wirkt schließlich nur noch wie ein schwacher Versuch, irgendein Hindernis zwischen Mion und Lyrian aufzutun, doch die gesellschaftliche Kritik, die Jenny-Mai Nuyen in ihren Roman eingebettet hat, beschäftigt den Leser nicht wirklich lange und bleibt wirkungslos.

„Du bist noch geblendet! Kein Wunder, die Drachen halten die ärmsten Leute so ungebildet, dass sie gar nicht darauf kommen, irgendetwas anzuzweifeln. Oder vielmehr, sie halten sie so arm wie möglich, denn wer arm ist, denkt ans Essen und nicht an Freiheit.“
- Rabenmond, S. 176

Auch die Charaktere sind ein Punkt, der mich überhaupt nicht für das Buch begeistern konnte. Schon allein die Verwendung des Begriffes „Drachen“ ist völlig irreführend, denn Drachen sind hier lediglich eine Art von Gestaltwandlern, die durch ein geheimes Ritual die Gestalten von verschiedenen Tieren annehmen können. Interessant ist die Idee zwar um das Ritual und die Tierkorpusse, die sich die Drachen aneignen und auch wieder verlieren können wenn man einen davon tötet, trotzdem habe ich anfangs etwas ganz anderes von dem Buch erwartet und war ein wenig enttäuscht. Zu den Charakteren erhält der Leser kaum einen Bezug, denn sie bleiben sehr flach und ihr Schicksal war mir fast völlig gleichgültig. Vor allem Mion, die Protagonistin, war mir extrem unsympathisch und ihre Wandlung über Nacht nicht nachvollziehbar für mich. Gestern noch das Ruinenmädchen aus ärmlichen Verhältnissen, führt sie sich am nächsten Tag als Jagus neue Schülerin auf wie eine Prinzessin Wynters und spielt sich vor Jagus anderem Lehrling noch groß auf. Ihr voriges Leben ist quasi sofort vergessen und sie erinnert sich nur sehr selten daran, wenn die Autorin es wohl für angebracht hielt zu zeigen, dass Mion doch nicht alles als selbstverständlich ansieht, was sie nun hat, doch das konnte meinen Eindruck von ihr auch nicht mehr revidieren. Ein so arroganter, verschlagener Charakter kann einfach nicht meine Sympathie wecken, die ganze Zeit dreht sich eigentlich alles nur um sie, auch wenn ihre Taten gern damit gerechtfertigt werden, dass sie ja nur Jagu glücklich machen will. Genauso heuchlerisch wirken ihre Gefühle für Lyrian, die eigentlich aus dem Nichts kommen. War er eben noch nur ein Mittel zum Zweck, ist ihr scheinbar über Nacht aufgegangen, dass sie ja irgendwie an dem Prinzen hängt. Was sie nicht davon abhält, Jagus und ihren Plan dennoch in die Tat umzusetzen und Lyrian weiter zu benutzen. Manchmal erhält man den Eindruck, sie beäße gar keinen eigenen Willen, so wie sie alles tut, was Jagu ihr aufträgt, ohne ihn zu hinterfragen, und sich auch zu Ritus immer wieder verführen lässt, obwohl sie die Gefahr kennt. Mion wirkt einfach völlig kopflos und diese Art, einfach zu tun, was man ihr sagt oder mitzumachen, weil es die anderen tun, hat mich wirklich aufgeregt. Dass auch die anderen Charaktere eher farblos und ohne große Tiefe blieben, obwohl zumindest bei Lyrian einiges an Potential vorhanden war, als er seine Gefühle entdeckte, konnte das mich nicht für das Buch gewinnen. Rabenmond hat absolut nichts Fantastisches an sich, das mich überzeugen konnte.

Kommentare

jasimaus123 kommentierte am 05. Oktober 2013 um 13:37

Schade das dich Rabenmond nich überzeugen konnte, da ich die Geschichte wirklich wunderschön empfand. Gerade der Schreibstil hat mich angregt immer weiter zu lesen und am Ende war ich zwar etwas enttäuscht aber im großen und ganzen gefiel mir das Buch sehr gut.

Aber jeder hat schließlich seine eigene Meinung :)

Lg. Jasi