Rezension

Die Beziehung zwischen Mutter und Sohn

Der Wald - Nell Leyshon

Der Wald
von Nell Leyshon

Bewertet mit 4 Sternen

Nach „Die Farbe von Milch“ war ich sehr gespannt auf Leyshons neues Werk. „Der Wald“ erzählt von Pawel, der in Warschau behütet in einem bürgerlichen Haushalt aufwächst. Doch dann bricht der zweite Weltkrieg aus, und alles ändert sich. Der Vater kämpft im Widerstand gegen die Nazis, wodurch die Familie in ständiger Gefahr schwebt. Überall gehen Bomben nieder. Eines Nachts werden Pawels Großmutter und Tante mitgenommen – er und seine Mutter flüchten und verstecken sich im Wald.

Dies ist eine Erzählung über die Beziehung zwischen Mutter und Sohn, und wie sie sich über die Jahre ändert. Von der Kindheit, dem Verlust der Angehörigen und der gesamten Besitztümer im Krieg, der Flucht, bis zu dem Leben in England Jahre später. Zofia ist von Anfang an wenig gefestigt in ihrer Rolle als Mutter – sie lebt in der stetigen Angst, ihren Sohn zu sehr zu bemuttern. Teilweise ist sie etwas barsch mit ihm. Die Monate im Wald und auf der Flucht prägen beide. Dort im Wald lernt Pawel die Natur kennen, er lernt, Lebensmittel anzubauen, und er lernt das Zeichnen – von Baba, einer alten Frau, bei der sie Unterschlupf finden. Während dieser Zeit ist die Mutter häufig nicht in der Lage, sich richtig um Pawel zu kümmern, sodass Baba eine Art Ersatzmutter für ihn wird. Jahre später, lange nachdem Zofia und Pawel nach England geflüchtet sind, treffen wir die beiden wieder. Diesmal gibt es andere Dinge, die die beiden zu verarbeiten haben. Dennoch lassen die Erinnerungen an den Krieg sie nie los…

Mir gefällt Leyshons Schreibstil. Sie schreibt sehr ruhig und unaufgeregt, teils in kurzen Sätzen, manchmal sehr poetisch. Man kann sich richtig in die beiden Protagonisten einfühlen. Sie schafft es, die beiden in jedem Alter sehr akkurat zu portraitieren. Der gesamte Roman ist sehr ruhig, da die Protagonisten im Wald ein sehr eintöniges Leben führen und sehr viel Zeit zum Nachdenken haben. Besonders Zofia verliert sich oft in Gedanken. Insgesamt ein sehr schöner, elegant geschriebener Roman, der Zeit zum Nachdenken lässt und der mich wirklich berührt hat.