Rezension

Die Gabe der Zeichnerin

Die Gabe der Zeichnerin - Martina Kempff

Die Gabe der Zeichnerin
von Martina Kempff

Bewertet mit 4 Sternen

Meine Meinung: „Die Gabe der Zeichnerin“ beginnt im Jahre 794 und erzählt die Entstehung des Doms zu Aachen. Sie erzählt von einer jungen Frau mit Namen Ezra, die ihre Reise aus Bagdad antritt und verkleidet als Junge an den Hof von Karl dem Großen kommt. Gemeinsam mit ihrem Vater Yussuf ibn Yakub und Odo von Metz sowie dessen Sohn Lucas lässt sie den Dom entstehen.

Einen Roman aus der Zeit Karl des Großen zu lesen ist für mich immer wieder spannend. (Ich liebe diese Epoche) Aus dieser Epoche gibt es nicht viel Material und der Fantasy sind da keine Grenzen gesetzt und so hat die Autorin hier eine Geschichte erzählt wie aus 1001 Nacht. Sie hat historische Fakten gekonnt mit fiktiven Protagonisten gemischt und ein kleines Märchen geschaffen. Den märchenähnlichen Eindruck vermitteltet die Autorin vor allem durch die schönen Zitate aus der Erzählung von 1001 Nacht die an jedem neuen Kapitel zu finden sind. Mir haben diese Zitate gut gefallen, ich finde auch sie passen sehr gut zu der Geschichte die hier erzählt wird.  Die Tatsache, dass sie hier ein Mädchen in einen Jungen verwandelt hat (etwas was ja leider häufig zu lesen ist) habe ich zunächst einfach ignoriert. Aber so nach und nach ist mir der Charakter von Ezra dann doch vertraut geworden. Wirklich fasziniert war ich aber von dem Dombau selbst und mal wieder von Karl. Darüber wer letztendlich den Dom erbaut hat, ist so gut wie nichts bekannt. So ist es also durchaus möglich, dass ein fremder Baumeister aus einem fernen Land diesen Dom gebaut haben könnte und es liegt im Bereich des Möglichen, dass es so gewesen ist wie Frau Kempff es hier schildert.

Der Erzählstil von Martina Kempff ist angenehm und flüssig zu lesen und dabei bildhaft und facettenreich, egal ob man in einer Szene beim Kalifen in Bagdad ist oder eben am Hof Karl des Großen, Bilder werden schnell lebendig und es macht Spaß hier zu lesen.

Eine Liebesgeschichte gibt es hier ebenfalls, aber sie ist nicht so vordergründig sondern kommt leise daher. Lucas trägt diesen Teil, wobei er mir aber ab und an doch etwas schwerfällig vorkam. Er sieht nicht immer das was gerade vor ihm steht. Überhaupt fand ich den Charakter von Lucas nicht wirklich greifbar. Ich kann aber auch nicht erklären woran es genau liegt.

Interessant fand ich, dass die Autorin hier nicht nur vom Dom erzählt sondern mit dem Protagonisten Isaak (einem jüdischen Fernhandelskaufmann) auch ein bisschen etwas vom Fernhandel dieser Zeit verarbeitet. Allerdings ist  dieser Handlungsstrang mit einigen Zeitsprüngen versehen die vielleicht ein bisschen irritierend sind. Gut gefallen hat mir dabei, dass vor jedem Kapitel dann Zeitzahlen standen sodass ich mich beim Lesen daran orientieren konnte. Mir haben diese Zeitsprünge und vor allem Isaak gut gefallen.  Allerdings hatte ich zwischendurch schon mal den Eindruck, als wäre die Geschichte nicht richtig zu Ende erzählt oder die Autorin hätte noch mehr zu sagen gehabt. Ich hatte an manchen Stellen einfach den Eindruck da fehlt ein bisschen Tiefe und es hätte mehr vom Leben der Protagonisten erzählt werden können.

Cover/Gestaltung: Ich mag das schlichte Cover mit dem Zirkel und dem Granatapfel. Ich finde es passt sehr gut zur Geschichte, geht es doch hier um den Dombau beziehungsweise um eine Zeichnerin. Am Ende gibt es ein Nachwort der Autorin, welches Fiktion und Wahrheit voneinander trennt und ein Glossar hilft zur Klärung fremder Begriffe.  Eine Zeittafel ist am Schluss dann auch noch vorhanden und rundet das Gesamtbild ab. Ich lese solche Details immer wieder gern, so auch hier.

Mein Fazit: „Die Gabe der Zeichnerin“ ist ein historischer Roman der mich mitgenommen hat in eine ferne Zeit. Mir hat es Spaß gemacht dabei zuzusehen wie der Dom zu Aachen entstanden ist, auch wenn vielleicht die Handlungsweisen der Protagonisten nicht immer nachvollziehbar waren hatte ich doch meinen Lesegenuss mit diesem Buch.