Rezension

Die virtuelle Welt gegen die reale Welt - welche davon ist gefährlicher?

MULTIPLAYER - Gefährliches Spiel - Jannis Becker

MULTIPLAYER - Gefährliches Spiel
von Jannis Becker

Bewertet mit 3 Sternen

Ein Roman über ein MMORPG (Massively Multiplayer Online Role-Playing Game - für alle nicht Gamer) und irgendwelche Gefahren. Klappentext gelesen und sofort in meine "Must-Read" Liste aufgenommen. Wenn es schon mal ums Gaming geht in einem Roman, dann muss ich das unter die Lupe nehmen. Denn ich als selbstbezeichnende Gamerin (auch wenn ich keine RPGs zocke) hasse Vorurteile gegen Spieler. Mal schauen was "Multiplayer - Gefährliches Spiel" dazu zu sagen hat.

Finja ist 24, klein und entspricht mit Kleidergröße 42 nicht unbedingt dem allseits beliebten Schönheitsideal. Mittunter deswegen lebt sie eher zurückgezogen und einsam mit ihrer Mitbewohnerin in einer kleinen WG. Freunde hat sie kaum und ihre Freizeit verbringt sie zu großen Teilen vor dem Computer - mit "Breath of Doom". In diesem Online Game verkörpert sie die schöne, schlanke und wendige Brianna - einen Charakter den sie sich wahrscheinlich in der Realität für sich selbst wünschen würde.

Doch sie spielt "Breath of Doom" nicht zum Spaß. Für sie geht es um Rache. Insbesondere an ihrem Abteilungsleiter. Denn der schikaniert sie und stellt sie bloß so oft sich ihm die Möglichkeit dazu bietet. Doch Finja kennt seine geheime Leidenschaft - das Online Game - und lauert ihm dort Abend für Abend auf. Um ihn zu besiegen, wieder und wieder.

Doch urplötzlich scheint sich auch ihr Real-Life wieder auf die Reihe zu kriegen. Sie trifft zufällig auf ihren alten Arbeitskollegen Ben und verbringt einen schönen Abend mit ihm. Eigentlich hätte daraus mehr werden können doch irgendetwas scheint mit Ben nicht zu stimmen. Finja will lieber die Finger von ihm lassen, doch dann lässt Ben kaum mehr los von ihr.

Sie versucht sich in "Breath of Doom" vor der Realität zu flüchten und schließt sich zum ersten Mal einer Gruppe an. Beinahe fühlt es sich an wie echte Freunde. Doch steckt hinter diesen Freunden mehr als Finja glaubt? Können Freunde zu Feinden werden und die Grenzen zwischen Game und Real-Life so einfach verschmelzen?

Zuerst einmal muss ich vorne weg nehmen: Es geht um eine weibliche Spielerin! Endlich mal etwas Anderes. Ja, auch Mädchen spielen Videospiele!
Auf der anderen Seite wird das Ganze gleich wieder durch ein fettes Vorurteil gedämpft: Gamer sind übergewichtig und einsam. Ich als Gamerin kann sagen, NEIN SIND WIR NICHT! Leider wird die Gesellschaft das immer weiter so sehen, wenn diese Vorurteile immer wieder bestätigt werden, auch in Romanen. Aber naja, damit scheint man wohl leben zu müssen.

Grundsätzlich geht es in dem Roman weniger um das Game "Breath of Doom" als man vielleicht erwarten könnte. Die Geschichte wird viel mehr immer wieder mit Spielsequenzen aus "Breath of Doom" geschmückt um Finjas Alter-Ego Brianna darzustellen. Einen Charakter, den Finja gerne verkörpern würde. Klar werden leichte Videospiel-Vorurteile aufgegriffen, so kann man durchaus heraushören, dass Videospiele einen vereinsamen lassen, aber das wirklich nur so dezent, dass es fast nicht auffällt.

Mehr handelt der Roman von den Problemen im realen Leben mit denen Finja zu kämpfen hat. Ein Chef der sie schikaniert, ein Verehrer der ihr hinterherläuft und ihr selbst als Mädchen mit geringem Selbstwertgefühl.
Um diese Sachen zu vergessen, flüchtet sich Finja eben in ein Videospiel um von der Realität abschalten zu können und das auszuleben, was ihr das Real-Life nicht bieten kann - Stark und unabhängig zu sein.

Um wirkliche Gefahren des Games, naja darum gehts nicht unbedingt. Eher darum, dass die Flucht in die Online Welt im Real-Life nichts verändern wird. Grundsätzlich eine ganz gute Mischung aus Eintauchen in das Computerspiel und der realen Welt. Irgendwie laufen alle Probleme mit denen Finja im Real-Life dann zu kämpfen hat im Endeffeckt allerdings auf Sex oder sexuelle Belästigung hinaus, was ich so gar nicht erwartet hätte.
Hat zu Beginn auch irgendwie so überhautp nicht dazu gepasst, dass der Hauptcharakter auf einmal plötzlich beinahe "Sex-Anfälle" bekommt. War irgendwie ein zu spontaner Szenenwechsel von Videospielen hin zu sexuellen Problematiken mit den unterschiedlichsten Männern.
Außerdem ging es damit dann fast nur mehr um diese Problematiken und nicht mehr um Gefahren ausgehend von Videospielen.

Was mich gundsätzlich ein wenig gestört hat, waren die gaming spezifischen Erklärung. Nicht beim ersten Mal, immerhin sollen sich Leser, die sich mit Games nicht auskennen ja auch alles verstehen. Doch teilweise wurden leider Sachen zumindest doppelt erklärt (NPC, Aufgaben eines Tanks,...) was dann schon etwas nervig war. Insbesondere wenn man es eh schon weiß ;) Aber vielleicht ist es mir auch nur deswegen so stark aufgefallen und weil ich das Buch sehr schnell fertig gelesen habe.

Alles in allem leichterer Stoff für die Freizeitbeschäftigung aber nicht unbedingt die ultra Spannung. Außerdem zu sehr ein Roman über sexuelle Belästigung und Stalker als wirklich über Videospiele. "Breath of Doom" wirkt zeitweise sogar irgendwie nebensächlich.