Rezension

Dieses Buch, nein, dieser Mensch hat mich nicht überzeugt

GO!
von

Die Inhaltsangabe des Verlages beschreibt ein Motivationsbuch. Ich empfinde dieses Buch in keinster Weise so. Dieses Buch ist mehr eine Biographie denn eine Motivationshilfe. Es gibt lediglich 10 halbe Seiten, in denen der Autor auf seine Situation bezogene Allgemeinplätze von sich gibt. (Immer abschließend mit dem Motivation - suggerierenden „Go!“)

Inhalt/Wer ist Josef Müller:
Josef Müller ist ein Mann, der seit einem Unfall mit 18 Jahren an den Rollstuhl gebunden ist. Er wurde Steuerberater und Lebemann. Er verdiente viel Geld und machte sich in der High Society einen Namen. Sein Reichtum und seine Großzügigkeit kannten keine Grenzen. Er lebte ein oberflächliches Leben in Saus und Braus, versammelte stets junge Frauen und andere Nutznießer seiner Großzügigkeit um sich und verprasste sein Geld als gäbe es kein Morgen. Er hatte schließlich immer genug davon in der Tasche.

Bis er sich irgendwann verzockt hat. Anleger, die auf Müller hörten, verloren ihr ganzes Geld. Das ihm anvertraute Geld seiner Kunden hat er teils sogar veruntreut, wie er in diesem Buch zugibt. Am Ende war auch noch die amerikanische Mafia im Spiel. Es kam was kommen musste. Er wurde zu einer Haftstrafe verurteilt.

Im Laufe der Gefängniszeit fand Müller zu sich und vor Allem zu Gott.

Dieses Buch soll davon erzählen.

Außerdem möchte er mit diesem Buch andere motivieren, egal was passiert ist, immer an sich selbst zu glauben und egal wie oft man fällt, immer wieder aufzustehen.

Meine Eindrücke:
Ich habe wirklich ganz große Probleme mit dem Schreibstil des „Herrn Müller“, der gerne mal in der Dritten Person von sich selbst redet. Inflationär benutzte Sätze wie „Josef Müller tut dies“. „Das macht ein Josef Müller nicht“ „Das ist man von einem Josef Müller gewohnt“ machen mir diesen Herrn Müller wirklich nicht sympathisch.
So ganz nehme ich persönlich ihm seine Wandlung zum reumütigen Christen auch nicht ab.

Aber dieser Mann versteht natürlich etwas von Rhetorik. So erwähnt er hier und da „dass er weiß, dass der Leser ihm dies und das vielleicht nicht abkauft“. Brillant! Aber ich mag darauf nicht hereinfallen...
Außerdem versucht er sich gerne als Opfer darzustellen. Dass er über 10 Millionen Euro Schulden durch Betrug, falsche Beratung und Spekulation bei anderen Menschen hat, das ist bedauerlich, aber halt passiert. Er beteuert auch oft dies zu bereuen.

Aber wenn ich dann so ein Beispiel lese:

Er „leiht“ sich Geld von einem Kunden um es später heimlich zurückzuzahlen. Der Schwindel fliegt auf, aber böse Absichten und Bereicherung mit anderer Leute Kapital darf man ihm dabei bitte nicht unterstellen. Er wollte es ja genau so heimlich wie er es genommen hat wieder zurückzahlen. Das hätte ja niemand gemerkt. Er hätte einfach nur Pech gehabt, dass etwas zwischen die „Rückzahlung“ gekommen ist...
Mir fehlte dabei leider die Reue, oder die Einsicht einen Fehler begangen zu haben.
Um dem ganzen die Krone aufzusetzen reichte mir dann letzten Endes dieses Beispiel:
Herr Müller ist auch schon mal um 500.000 DM (!) erleichtert worden, für die er so hart gearbeitet hat. Natürlich ärgert er sich über den bösen Dieb und macht sich wieder zum Opfer, auch wenn er selbst versucht das zu relativieren. Ein fader Beigeschmack bleibt für mich bestehen.

Als ich das Buch beendet hatte, hatte ich nur noch Wut im Bauch. Man hat fast das Gefühl, er will seinen Gläubigern über das Buch mitteilen, dass er keinen Cent für sie in der Tasche hat, so gerne er auch seine Schulden begleichen möchte. Wie gesagt, ich sehe kaum Reue, eher machte es auf mich ganz subjektiv fast den Eindruck, als zeigte er eine „schurkische“ Freude darüber (um den Titel seines ersten Buches halbwegs aufzugreifen). Vielleicht tue ich ihm Unrecht und ihm fehlt in diesem Buch einfach nur etwas Fingerspitzen- und Feingefühl, aber ich denke ich habe verdeutlicht, warum ich dieses Buch schlichtweg strategisch nicht gut gelungen finde. Ganz besonders empfinde ich es als Schlag ins Gesicht seiner Gläubiger.

Nichts desto Trotz fanden sich gerade im 3. Viertel des Buches ein paar interessante Gedanken.

Denn der Herr Müller wirbt für Gott. Er versucht seinen Weg und seine Ansichten zum Glauben zu beleuchten und seine Gespräche mit Gott zu verdeutlichen und wie sie ihm helfen den richtigen Weg zu gehen. Wie Gott ihm Zeichen schickt, die er jetzt endlich erkennt. Dass die früher auch schon da waren, aber dass er sie nicht sah. Auch ein Gedanke über Kinder, denen man zumutet schon im Alter von einem Jahr in einen Hort zu gehen, ohne Rücksicht auf das Innenleben des Kindes, weil es sich von den Eltern verlassen fühlen könnte, finde ich sehr weitsichtig.

Allerdings sind diese wertvollen Gedanken sehr licht gestreut. Trotzdem sorgten allein sie dafür, dass das Buch in meiner Bewertung nicht in den tiefsten Keller rutschte.

Fazit:

Dieses Buch war eine Berg- und Talfahrt für meine Bewertungskriterien. Er schlängelte sich von einer müden 3 weil ich mich als Leser dahingehend manipuliert fühlte ihn zu bedauern, über eine gute 4, weil er endlich mal wirklich gute Gedanken abließ, bis hin zu einer vollkommen großzügigen 2, weil er es im letzten Teil wieder schaffte meine Zuversicht auf seine Läuterung komplett vor die Wand zu fahren. Ich kann dieses Buch nicht empfehlen.