Rezension

Drogen, zerüttete Familienverhältnisse und die Frage nach der Schuld

Der tiefe Fall der Cecelia Price - Kelly Fiore

Der tiefe Fall der Cecelia Price
von Kelly Fiore

„Mein Bruder ist tot... Er atmet nicht mehr. Das ist meine Schuld. Ich habe das getan.“ Nachdem sie den Notruf abgesetzt hat, schweigt Cecelia hartnäckig. Selbst als sie in Untersuchungshaft auf ihren Prozess wartet. Darauf, dass entscheiden wird, ob sie schuld an dem Tod ihres Bruders hat. Sie schweigt lieber, anstatt über das zu reden, was wirklich passierte. Darüber, dass ihr Bruder ein Junkie war und sich einen Dreck darum geschert hat, wem er das Leben versaut. Oder darüber, dass alle die Augen vor der Wahrheit verschlossen haben. Doch nur Cecelia weiß, was wirklich an jenem schicksalhaften Nachmittag passierte...

Ich habe das Buch als Rezensionsexemplar erhalten und möchte mich auf diesem Weg nochmal ganz herzlich dafür bedanken! Ich war sehr gespannt auf die Geschichte, da die Meinungen doch arg auseinander gingen. Um nicht allzu enttäuscht zu werden, ging ich mit mäßig hohen Erwartungen an die Geschichte ran und wurde positiv überrascht. Ich hätte nicht gedacht, dass mich die Geschichte so derartig mitreißen und flashen würde- Aber erstmal alles der Reihe nach!

Cecelia, die Hauptprotagonistin und Erzählerin der Geschichte, mochte ich wirklich gerne! Durch den Wechsel zwischen der heutigen und der Zeit vor jenem Nachmittag, an dem ihr Bruder starb, hat man erst nach und nach mehr über sie und ihre Gefühlswelt erfahren. Sie hat eine riesige Mauer um sich herum gebaut; lässt kaum jemanden an sich ran, spricht kaum und wartet lieber schweigend auf ihren Prozess. Nur einigen wenigen gewährt Cecelia, oder auch CeCe gennant, einen Einblick in ihr Inneres. Tucker war zum Beispiel einer davon. Ich hatte ihn total gerne! Er war ein sympathischer junger Kerl, der trotz seiner guten Seiten, schon enorm viel Mist in seinem Leben gemacht und erlebt hat. Er war eine gute Stütze für Cecelia in ihrer Zeit in U-Haft, hatte stets ein offenes Ohr für sie und hat ihr zugehört. Ich habe die beiden gerne zusammen gesehen und (Spoiler Anfang) ihre wachsende Liebesbeziehung gespannt mitverfolgt (Spoiler Ende). CeCes Familie konnte ich überhaupt nicht leiden! Angefangen mit ihrem drogenabhängigen Bruder, der sich wie der letzte Arsch und ohne Rücksicht auf Verluste aufgeführt hat, bis hin zu der Workaholikerin Jane und ihrem Vater, die beide einfach komplett die Augen vor der Wahrheit verschlossen haben. Wie gerne hätte ich den Vater mal ordentlich geschüttelt, und ihn gefragt, ob er eigentlich Tomaten auf den Augen hat, dass er nicht sieht, was sein Sohn den lieben langen Tag so macht! Und die Schuldgefühle, die er Cecelia einzureden versuchte haben mich echt zur Weißglut gebracht! Schließlich hatte sie schon genug mit ihren eigenen Problemen zu kämpfen und Verantwortung zu tragen, aus der sich ihr Vater immer wieder geschickt gezogen hatte! Mir ist schon klar, dass er selbst genug andere Sachen um die Ohren hatte, aber wie man seinen Kindern so wenig Beachtung schenken kann, wird mir immer unbegreiflich bleiben! In der Sache, hat es mich auch ein wenig gestört, dass Cecelia so passiv blieb. Einerseits konnte ich sie verstehen: Sie wollte ihrem Vater nicht noch mehr auflasten, als er eh schon hat, aber andererseits ging es bei Cyrus (CeCes Bruder) ja wirklich nicht um etwas belangloses! Mehrfach habe ich mich gefragt, warum sie eigentlich nicht den Mund aufmacht, um ihren Vater endlich auf die, anscheinend nicht für alle, so offensichtliche Wahrheit aufmerksam zu machen. Allerdings konnte ich das wiederum auch nachvollziehen. Es lautete die Devise: Wenn man es nicht ausspricht, ist es nicht real! Und wer kennt diese Herangehensweise an ein Problem, welches man partout ignorieren will, denn nicht? Ihr seht schon: Ich war hin-und hergerissen!  Gegen Cyrus habe ich einen regelrechten Hass entwickelt! Cy war als Kind für CeCe eine Art Anker; ihr großes Vorbild und ein Fixpunkt in ihrem Leben an dem sie sich festhalten konnte. Und er lässt sie im Prinzip fallen wie eine heiße Kartoffel, lässt sie eiskalt im Stich, schert sich einen Dreck darum wie es ihr geht und behandelt sie wie Scheiße. Ich hätte ihn mehrmals am liebsten geohrfeigt, um ihn auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen. Lucas war für mich ein fast genauso großes Hassobjekt. Schon ab dem ersten Moment an, wusste ich das der Junge nichts als Ärger machen würde, und das Ganze mehr als schlecht für CeCe enden werden würde. Ich mochte ihn einfach nicht, genauso wenig wie seinen Cousin!

Das Buch ist keine ganz so leichte Kost, wie ich anfänglich gedacht habe. Ich habe mit einer seichten Geschichte gerechnet, die mehr an der Oberfläche kratzt, als wirklich zu bewegen und mitzureißen. Bis auf das Ende, was mir persönlich ein bisschen ZU Friede-Freude-Eierkuchen war (obwohl man bedenken muss, dass es ein Jugendbuch ist!), ist das aber gelungen. Ich habe mich mehr als gut unterhalten gefühlt, was vor allem auch am flüssigen und angenehmen Schreibstil lag.

Fazit: Eine berührende und mitreißende Geschichte die mich begeistern konnte. Auch wenn das Ende zu friedlich und CeCe selbst in manchen Augen vielleicht zu naiv und unlogisch handelt. Ein für mich trotzdem rundum gelungenes Buch, was ich gerne weiterempfehlen!