Rezension

Édouard Louis Hommage an seine Mutter

Die Freiheit einer Frau -

Die Freiheit einer Frau
von Edouard Louis

Bewertet mit 5 Sternen

Édouard Louis Mutter bricht mit sechzehn die Schule ab, weil sie schwanger ist und hat mit neunzehn zwei Kinder. Édouard stolpert über ein Foto, das sie als junge Frau zeigt. Sie wirkt auf ihn gelöst und voller Energie, direkt leidenschaftlich. Ganz anders als er selbst sie kennt. Sie erschien ihm von Kindheit an verbraucht und resigniert. Wie hätte es auch anders sein sollen, bei seinem Vater. Wie oft er sie runtergemacht hat. Der viele Alkohol, das Geschrei. Wie oft sie nichts zu essen hatten, weil Zigaretten und Bier wichtiger waren. 

Als er zur Schule ging war sie ihm peinlich gewesen, wie sie ihm hinterhergeschlichen war weil er sein Pausenbrot vergessen hatte. Er wollte nicht, dass seine Mitschüler sie sahen, es war eh schon alles sehr schlimm. Édouard setzte alles daran, zu verhindern, dass seine Mutter ihn wahrnahm wie er war, als Schwulen. Das ganze Dorf zerriss sich über seine Eigenarten das Maul aber seine Mutter sollte nicht wissen, wer er wirklich war.

Und dann eines Tages, als Édouard längst das Dorf verlassen hatte, rief sie ihn an. Schon am Telefon merkte er, dass sich etwas verändert hatte. Wie lebhaft sie mit ihm sprach und um ein Treffen bat. Und natürlich wollte er sie wiedersehen. 

Fazit: Édouard Louis erzählt die Geschichte seiner Mutter mit tiefem Verständnis für ihre damalige Situation. Er fühlt sich schuldig, als Teil, einer von Männern dominierten Welt, die sie eingeengt und gebrochen haben. Und obwohl der Roman von einem zutiefst verpfuschten Leben spricht, weckt er auch Hoffnung. Denn seine Mutter schafft den Absprung. Fängt an ihr eigenes Leben fast so zu meistern, wie sie sich das eigentlich einmal vorgestellt hatte. Eine Hommage an eine misshandelte, gedemütigte Frau, die trotzdem auf die eigenen Füße kommt.