Rezension

Eigenwerbung mit nur wenig Neuem

Vorerst gescheitert - Karl-Theodor zu Guttenberg, Giovanni di Lorenzo

Vorerst gescheitert
von Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg Giovanni di Lorenzo

Bewertet mit 1 Sternen

Das Verfahren wegen der Plagiatsvorwürfe gegen Karl-Theodor zu Guttenberg wurde mit der Auflage eine Spende an die Deutsche Kinderkrebshilfe zu zahlen eingestellt und in diversen Medien wird bereits jetzt munter KTGs Rückkehr in die Politik diskutiert, wie ich mit einiger Überraschung (ich möchte nicht direkt sagen "mit Entsetzen") feststellte. Grund genug für mich, mir mal das in Buchform erschienene und von "Die Zeit"-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo geführte Interview "Vorerst gescheitert" zu Gemüte zu führen.
Doch, obwohl ich wirklich versucht habe, unvoreingenommen an das nur rund 200 Seiten dünne Büchlein heranzugehen, bin ich enttäuscht worden. KTG erzählt wenig Neues und nutzt dieses Interview als Werbekampagne par excellence, was nicht zuletzt auch dem wenig Profil zeigenden Interviewer zu verdanken ist.

Schon im Vorwort nennt di Lorenzo die entscheidende Motivation hinter diesem Interview und formuliert sie auch noch so, dass ich sie unterschreiben könnte: "Wer also die Rückkehr des Karl-Theodor zu Guttenberg auf die politische Bühne befürchtet, der fürchtet sich nach diesem Buch vermutlich völlig zu recht."

Nur kann dieses Interview dafür einen Grundstein legen? Meiner Meinung nach ist es im Bezug auf zukünftige politische Ziele so inhaltsleer, wie es nur sein könnte, denn bis auf einige Seitenhiebe auf aktuelle Politiker und die Situation der Parteien in Deutschland bleibt zu Guttenberg zu seiner eigenen Zukunft vage. Die Selbstkritik und Reue hält sich in Grenzen, wohingegen die Opferrolle zu Guttenbergs neue Paraderolle zu sein scheint.

Diese pflegt er gleich über die gesamte erste Hälfte des Interviews ausgiebig. Selbstverständlich geht es hier vornehmlich um die Doktorarbeit: Wie konnte das nur passieren? Zu Guttenbergs Erklärungen überraschen wenig. Hektische Zeiten, berufliche Doppelbelastung und unkoordinierte, schlampige Arbeitsweise zusammen mit etwas Hochmut und fehlendem Mut die Überforderung einzugestehen und die Doktorarbeit abzubrechen führten seiner Meinung nach zu den eklatanten Fehlern. Dummheit statt vorsätzlicher Täuschung und der Tenor? - Herunterspielen und Überheblichkeit: So schlimm war das alles doch gar nicht, anderen passiert das auch und die Kommission der Uni Bayreuth war ohnehin nicht kompetent genug, um eine vorsätzliche Täuschung in seiner Arbeit beurteilen zu können. Auf mehrfache Nachfragen di Lorenzos nach bewusster Täuschung (und das sind die hartnäckigsten Phasen des Interviewführers) hat zu Guttenberg eine immer wiederkehrende einfache Antwort: Er sei nicht dumm genug, so plump zu täuschen.

Danach folgt die Werbeveranstaltung: Zu Guttenberg, das Medienopfer, dem zu wenig Zeit gelassen wurde, um nach den Vorwürfen vernünftige Stellungnahmen abzugeben. Die oft bemängelte mediale Selbstinszenierung besteht laut zu Guttenberg nur aus einer ganzen Reihe unbeabsichtigter Zufälle, Schnappschüssen und Missverständnissen. Es folgen Lobeshymnen auf seine Politik, bei der sich von Opel über Gorch Fock bis zur Bundeswehrreform fast alles ausschießlich positiv darstellen lässt, und dann eine kleine Exkursion in zu Guttenbergs Familiengeschichte, bei der besonders viel Wert auf weitverzweigte Verwandschaftsverhältnisse zu Widerständlern der NS-Zeit und private Kontakte der Familie zu diversen Politikgrößen (Kohl und Kissinger zum Beispiel) gelegt wird. Anschließend wird durch die hohen familiären Erwartungen noch ein bisschen an das Mitleid des Lesers appelliert.

Leider war dieses Büchlein damit nicht das, was ich davon erwartet hätte. Zu KTGs politischen Zukunftsplänen liest man wenig und nur am Ende ein paar Andeutungen. Vom inhaltlichen Umfang her hätte es dazu wirklich kein Buch gebraucht. Der passt auch in ein mehrseitiges Interview einer Wochenzeitschrift. Auch von zu Guttenbergs Person beziehungsweise von seiner Fähigkeit zum kritischen Umgang mit sich selbst konnte mich "vorerst gescheitert" nicht überzeugen.

So bleibt als Fazit, dass man das Interview schon als Rehabilitationsversuch mit der Motivation der politischen Wiederauferstehung lesen kann, es diesen Anspruch für mich aber nicht halten kann. Bei diesem Buch ist die Zeit, die es zum Lesen braucht, jedenfalls verschwendet. Nicht empfehlenswert.