Rezension

Ein bildgewaltiger und einfühlsamer Roman, der die Mystik des Inselreichs Jave zauberhaft einfängt!

Zeit im Regen, Zeit im Wind - Jeremy Iskandar

Zeit im Regen, Zeit im Wind
von Jeremy Iskandar

Bewertet mit 5 Sternen

Inhaltsangabe
Sophia ist eine junge Frau, Absolventin der Kulturwissenschaften, wissbegierig und klug, wenn auch eher eine Einzelgängerin. Sie könnte ein unbeschwertes Leben führen, wären da nicht diese seltsamen und exotischen Träume, die mit immer größerer Macht in ihr Leben dringen.
Als sie kurz vor ihrem Abschluss das Tagebuch ihrer Großmutter vererbt bekommt, bricht sie alle Brücken zu ihrem bisherigen Leben ab und stürzt sich in ein Abenteuer, das schon bald viel größere Dimensionen annimmt, als sie es jemals für möglich gehalten hätte.

Wer war diese Frau, deren niedergeschriebenen Erinnerungen sie nun in das ferne Südostasien folgt? Deren Worte und Beschreibungen ihr vorkommen, als stammen sie aus einer fernen Welt und die doch so vertraut auf sie wirken. Und beinhaltet das Tagebuch tatsächlich die Antworten auf ihre Fragen?

Bald schon erkennt Sophia, dass es bei dieser Reise nicht nur um sie selbst geht, sondern auch um fremde Kulturen und Vorstellungen, die Schrecken des Krieges, die Suche nach dem Selbst in der Zeit und vielleicht sogar um so etwas wie die ewige Liebe.

Meine Meinung
Als ich die Inhaltsbeschreibung las, wusste ich sofort, dass ich diesen Roman unbedingt lesen muss. Mich faszinieren fremde Kulturen und ich war sehr gespannt darauf, etwas über Indonesien und insbesondere die Insel Java zu erfahren.

Der Schreibstil des Autors ist sehr bildhaft und stellenweise sehr philosophisch, was mir persönlich sehr gut gefiel. Ich hatte das Gefühl live vor Ort im bunten und hektischen Südostasien zu sein und direkt in das Seelenleben der einzelnen Protagonisten einzutauchen.
Was sind Erinnerungen? Was machen sie mit uns und unserem Leben? Und können wir ihnen trauen? Oder sind Erinnerungen doch nur Träume und gestalten wir sie vielleicht selbst? Das sind die Fragen mit denen Sophia und auch der Leser immer wieder konfrontiert werden. Ein für mich sehr spannendes Thema, das mich sehr zum Nachdenken brachte. Auch das Thema Vertrauen spielt im Roman eine große Rolle und man stellt sich oft die Frage, kann ich dem trauen was ich lese und erscheint mir die Person vertrauenswürdig?

Der Leser erfährt zusammen mit Sophia viel über die Gesellschaft und die Kultur des Inselreichs. So werden die Bedeutung des Gamelan und des Wayang Kulit, des mystischen Schattenspiels, näher beleuchtet und geschickt mit der Handlung des gesamten Romans verwoben.
Die Charaktere sind sehr authentisch und zu Sophia und ihrer Großmutter konnte ich eine große innerliche Beziehung aufbauen, da ich deren Gedanken und Gefühle sehr gut nachvollziehen konnte. Durch einen steten Perspektivenwechsel kam nie Langeweile beim Lesen auf. Anfänglich waren die Zeitsprünge etwas verwirrend, jedoch erkennt man gegen Ende des Romans, dass dies genau so gewollt ist und der Handlung das gewisse Etwas verleiht.
Insgesamt ist der Roman kein locker leichter Urlaubsroman, den man mal eben in einem Rutsch lesen kann. Er fordert die ganze Aufmersamkeit des Lesers und belohnt durch spannende Erkenntnisse.

Das Meer der Erinnerungen ist das Grundgerüst des Romans und so wie das Inselreich von Wasser umgeben ist, werden die Personen von ihren Erinnerungen durchströmt. Ich liebe diesen Bezug zum Meer, das sich stets erneuert und doch irgendwie beständig bleibt. Das mal sanft ist und mal gnadenlos zerstörerisch, so wie das Leben selbst. Und genau diese ewige Balance und dieses ewige Spiel von Schatten und Licht, von Leben und Tod, von Nähe und Distanz, fängt der Roman zauberhaft ein.

Fazit
Der Roman hat mich vom ersten Kapitel an begeistert und er wird mir mit Sicherheit im Gedächtnis, im Meer meiner eigenen Erinnerungen, bleiben, da er mich durch seine bildgewaltige und einfühlsame Sprache sehr berührt hat. Er erhält von mir daher eine ganz klare Leseempfehlung.