Rezension

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Ein Buch, dass man nicht zur Seite legen kann

Das Jahr, in dem ich zwanzig wurde - Jan Ellison

Das Jahr, in dem ich zwanzig wurde
von Jan Ellison

Bewertet mit 4.5 Sternen

"Das Jahr in dem ich 20 wurde"ist ein Buch über die kleinen Lügen und unausgesprochenen Vergehen im Leben und dessen Folgen. Aber es ist auch ein Buch über die Liebe und was die Liebe mit uns macht, oder was Menschen mit uns machen, zu denen wir uns hingezogen fühlen  (oder auch nicht).
Das Buch hat einen sehr schönen Erzählstil, wenn auch Anfangs etwas verwirrend. Die Protagonistin Annie schreibt an ihren Sohn Robbie, der im Koma liegt und so wird man als Leser immer wieder mit "Du" angesprochen. Zu Beginn des Buches fand ich das sehr merkwürdig, dann als ich mich erst einmal darauf eingelassen habe, mochte ich diese Art des schreibens sehr gern.
Annie erzählt aus der Zeit, als sie als junge Frau (19-20) nach London reist und für einen Mann namens Malcolm arbeitet. Malcolm ist Verheiratet und hat ein Kind, doch er fühlt sich zu Annie hingezogen. Und da ist noch Patrick, der charmante Fotograf, der Annie nicht mehr aus dem Kopf zugehen scheint, der aber enger mit Malcolms Familie verknüpft ist, als ihr lieb ist.
Annie erzählt aber auch immer wieder aus der Gegenwart,20 Jahre später, wie sie mit Ihrem Mann Jonathan und ihren drei Kindern in San Francisco lebt und einen kleinen Laden mit Lampen führt. Alle scheint in Ordnung, bis zu dem Tag,  als ein Umschlag mit einem Foto von damals in ihrem Briefkasten liegt. Annie beginnt sich wieder mit ihrer Vergangenheit zu beschäftigen und irgendetwas scheint sie einfach nicht los zulassen.
Bei den Zeitsprüngen kommen viel  Fragen auf und man wird immer wieder vor kleine Rätsel gestellt, aber man kommt nicht durcheinander und ist auch nicht verwirrt.

Die Protagonisten: In vielen Rezensionen habe ich gelesen, dass die Leser mit Annie nicht klar gekommen sind und ihr Handeln und Danken nicht verstanden haben. Ich konnte ihr Handeln auch nicht immer nachvollziehen, aber ich habe es als Leser so hingenommen und schließlich hat es nur ihre Person beschrieben. Ich konnte mich nicht mit Annie identifizieren, aber das war auch überhaupt nicht notwendig. Sie hat mir ihre bewegende Geschichte erzählt und ich habe ihr zugehört. Für mich ist Annie eine sehr sympathische Person, getrieben von Irrung und Wirrung und dadurch sehr natürlich. Es ist genau das, was einen natürlichen Charakter ausmacht, eben nicht wie aus der Schablone geschnitten zu handeln.
Auf die anderen Protagonisten mochte ich nicht weiter eingehen. Jeder hat in seine Rolle sehr gut gepasst und mich hat nichts gestört. Nichts ist mir unpassend vorgekommen oder aufgesetzt.

Die Geschichte:  Ich hatte nach wenigen Seiten ungefähr dass Gefühl,in welche Richtung die Geschichte gehen wird, und das war vollkommen in Ordnung. Erst das letzte drittel hat mich immer wieder mal überrascht. So konnte ich mich während des ganzen Buches voll auf Annie konzentrieren und habe mich einfach in die Geschichte hineinziehen lassen, ohne hohe Erwartungen an irgendwelche Ereignisse zu haben.
Die Handlung war realistisch und für mich, was Annies Sichtweise angeht auch gut nachvollziehbar. Ich mochte die Vielseitigkeit der Geschichte, sie spielt an vielen Orten und ich hatte wirklich das Gefühl, Annie ein paar Jahre zu begleiten.

Fazit: "Das Jahr in dem ich 20 wurde" ist weder hochspannend, noch langweilig. Es ist genau die richtige Mischung. Genau das, was ich von diesem Buch erwartet habe. Ich hatte immer das Gefühl, dass die Autorin viel Wert darauf gelegt hat, Annies Gefühlen und Gedanken nahe zu kommen und das hat sie bei mir zu 100% geschafft.