Rezension

Ein Highlight

Das Lied der Krähen - Leigh Bardugo

Das Lied der Krähen
von Leigh Bardugo

Bewertet mit 5 Sternen

Dieses Buch hat mich ganz unverhofft aus den Socken gehauen. Meine beste Freundin hatte es mir empfohlen und neugierig wie ich bin, habe ich es dann auch gelesen. Nun was soll ich sagen: Ich bin über die Maßen und restlos begeistert!

Der Schreibstil ist klasse und man ist sofort in der Welt drin. Es wird genug von der Umgebung beschrieben, um sich ein Bild machen zu können und gleichzeitig mit der eigenen Phantasie die Lücken zu füllen. Ich für meinen Teil fühlte mich bei Ketterdam an ein Steampunk-London oder Rotterdam erinnert.
Gerade bei High Fantasy ist es schwer einen Grad zwischen zu wenig und zu viel Begriffserklärung zu finden. Leigh Bardugo schafft es jedoch ganz vorzüglich, einen einfach in das Geschehen reinzuziehen und es auf sich zukommen zu lassen. Nicht alles wird sofort erklärt, aber das ist nicht weiter schlimm. Man hat Zeit, es herauszufinden. Gemeinsam mit den Plänen und Intrigen, die geschmiedet werden.
Hat man gedacht, man hätte wenigstens den Hauch einer Ahnung davon, was Kaz Brekker sich in seinem Köpfchen zusammengeschustert hat, so wird man am Ende doch wieder eines besseren belehrt.

Mir gefällt, dass der Erzählerstil immer zwischen den Protagonisten hin und herhüpft. Mit jedem Kapitel wird die Perspektive geändert und zusätzlich zur aktuellen Handlung kommen Erinnerungen und Rückblicke hinzu. Man lernt die Charaktere kennen, ohne einen zu tiefen Einblick in alle ihre Geheimnisse zu bekommen, sodass sie einen weiterhin überraschen und aus der Reserve locken können.
Ich kann mich auch nicht entscheiden, wer mein Lieblingscharakter ist oder welche zwischenmenschliche Bindung mir am meisten zusagt. Sie sind alle toll und vor allem schön und nachvollziehbar beschrieben.

Der Spannungsbogen bleibt angenehm und wird nicht einfach überreizt. Es ist ein herrliches Abenteuer, in welchem die Charakterzüge der Protagonisten nicht zu kurz kommen. Nichts wird unnötig in die Länge gezogen und die Handlung bleibt nicht auf der Strecke. Und natürlich gut platzierter Humor! 

Zudem gibt es eine Karte, die einem hilft, sich gemeinsam mit den Charakteren zu orientieren.

Das Einzige, was mich so ein kleines bisschen gestört hat, war das Alter. Keiner der Charaktere ist Älter als 18, im Grunde handelt es sich also um einen Haufen Jugendlicher. Sicher, die Atmosphäre, wie es in Ketterdam (und nicht nur dort) zugeht wird deutlich gemacht und niemand hat wirklich den Luxus lange ein Kind bleiben zu können. Gewisse Nachteile bringt dieses Alter aber dennoch mit sich und die werden gerne ausgeblendet - Älter als 20 zu sein scheint irgendwie nicht aufregend genug. Finde ich schade.
Aber es fällt einem ziemlich leicht, das Alter auszublenden - mir jedenfalls fiel es das. Daher gibt es dadurch auch keinen Punktabzug. Das Phänomen mit dem Alter geht halt reihum und findet sich fast überall.

Als ich das Buch durchgelesen hatte, fühlte ich mich ein bisschen verloren und habe mit dem Gedanken gespielt, das Buch nochmal von vorne anzufangen, um weiter mit den sechs Krähen durch die Straßen Ketterdams zu streifen.