Rezension

Ein Jugendbuch, das zum Nachdenken anregt

Wie du mich siehst - Tahereh Mafi

Wie du mich siehst
von Tahereh Mafi

~~Auch wenn das Cover eher schlicht gehalten ist, sticht es doch aus der Masse hervor durch die deutliche Trennung von schwarzer und weißer Farbe. Dadurch bin ich sehr schnell auf das Buch aufmerksam geworden, aber unter anderem auch aufgrund des mit einem Kopftuch gezeichneten Mädchens, das Shirin, die Protagonistin der Geschichte darstellen soll. Man erkennt dadurch recht schnell, dass sich das Buch wohl um den Konflikt zwischen Menschen mit einer anderen Kultur und der „heimischen“ Bevölkerung drehen wird.

Diese Thematik finde ich äußerst spannend. Die Auseinandersetzung bzw. die Begegnung mit einer anderen Religion, mit anderen Bräuchen und –ganz banal- einem anderen Aussehen findet in Deutschland eigentlich tagtäglich statt. Allerdings kennt man dadurch nicht automatisch den Menschen der sich unter einem Kopftuch oder ähnlichem verbirgt. In dieser Geschichte gehen viele  Mitmenschen Shirins aber davon aus, dass alle Muslime, vor allem diejenigen, die ihre Kultur nach außen tragen, gemeingefährlich sind und man besser die Straßenseite wechseln sollte.

Zu Beginn der Geschichte habe ich eine gewisse Zeit gebraucht, um mit Shirin warm zu werden, was allerdings nichts mit dem Schreibstil der Autorin zu tun hatte. Shirins Ausdrucksweise erschien mir teilweise etwas „derb“ und war stellenweise sehr fäkalienlastig. Außerdem versteht man als Leser nicht sofort, wieso sie anderen gegenüber so distanziert und feindseelig eigestellt ist.  Nach und nach versteht man allerdings, wie sehr die junge Frau – nur weil sie sich anders kleidet als andere- unter ihren Mitschülern leidet, unter der Art wie sie von anderen angesehen, beschimpft oder auch körperlich misshandelt wird. Ihr Leben scheint einfach nicht fair zu sein und nicht einmal ihre Eltern stehen ihr bei, da sie sich doch einfach zusammenreisen solle – sie selbst (also die Eltern) hätten viel schlimmere Dinge im Iran erlebt.

Mit jeder weiteren Seite verliebt sich die Protagonistin gegen ihren eigenen Willen aber auch ein Stückchen mehr in Ocean. Diese Annäherung der beiden wirkte auf mich so authentisch wie es schon lange keine sich entwickelnde Romanze getan hat. Umso wütender wurde ich mit jedem weiteren Satz der die beiden wieder ein Stückchen auseinandergetrieben hat. Mich hat es wirklich schockiert, mit welchen Widerständen die beiden zu kämpfen hatten und mit welcher Vehemenz den beiden Steine in den Weg gelegt wurden. Ich musste stellenweise weinen, wollte am liebsten irgendetwas durch den Raum werfen und Scherben produzieren, aber gleichzeitig wollte ich den beiden zurufen, nicht aufzugeben und für sich einzustehen. Dass mich eine Erzählung so mitnimmt, habe ich schon sehr lange nicht mehr erlebt.

Die in der Geschichte beschriebenen Probleme, sind vor allem in Zeiten der verstärkten Fluchtversuche so vieler Menschen aus Ländern in denen Kriege oder andere Katastrophen herrschen,  aktueller denn je. Dieses Buch versucht begreiflich zu machen, dass selbst Menschen, die sich durch das Erlernen der Sprache und der Akzeptanz der neuen Kultur in die Gemeinschaft eingegliedert haben, immer noch angefeindet werden. Diese Tatsache ist einfach traurig. Allerdings stellt Mafi Tahareh klar, dass auch die Menschen, die anfeindet werden, nicht frei von Vorurteilen sind und sich möglicherweise dadurch selbst ins Abseits stellen.

Fazit: Man muss dieses Buch einfach lesen! Mich hat dieses Buch auf eine Weise berührt, wie es bisher nur wenige Geschichten getan haben.