Rezension

Ein locker-leichter Frühlingskrimi mit einem holprigem Einstieg, noch etwas unausgereiftem Schreibstil und langem Ende.

Der letzte Spargel - Alexa Rudolph

Der letzte Spargel
von Alexa Rudolph

Bewertet mit 3 Sternen

Spargelsaison mal anders

Kommissar Poensgens wohlverdienter Urlaub nimmt ein jähes Ende, als seine ehemalige Vermieterin tot in ihrer Freiburger Wohnung aufgefunden wird – ermordet während der Zubereitung eines Spargelgerichts. Der charismatische Ermittler mit körperlichem Handicap begibt sich zwischen Rebenlandschaften und den Spargelfeldern des Kaiserstuhls auf die Suche nach dem Täter – bis er sich auf einmal selbst im Kreis der Verdächtigen wiederfindet...(Klappentext)
 

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"Sie sieht und hört schlecht, trotzdem weiß sie, dass plötzlich jemand hinter ihr steht, dass gleich etwas Furchtbares passieren wird. Sie riecht die Gegenwart des Ungeheuers. Eine Brühe aus kaltem Schweiß, warmem Atem und süßlichen Aftershafe schlägt ihr entgegen."
(S. 9)

Kommissar Poensgen scheint Mord un Totschlag regelrecht anzuziehen, selbst in seiner Freizeit. Da will er nach Jahrzehnten mit einem Freund seinen Geburtstag in Wien feiern und schon liegt da ein erschossener Würstelverkäufer vor seinen Füßen. Doch auch zu Hause gab es einen Mord. Henriette von Schubert, eine wohlhabende Witwe von stattlichen 85 Jahren, wurde in ihrer Wohnung erschlagen. Da sie Poensgens ehemalige Vermieterin ist, trifft ihn das besonders.
Vorbei ist es mit Entspannung an seinen freien Tagen, Poensgen muss so schnell wie möglich zurück nach Freiburg, um den Fall selbst aufzuklären. Bei der Tatortbegutachtung begegnet er einem sprechenden Papagei und einem Dandy-Opa. Wer das schon für skurril hält, wird überrascht sein was sich noch so alles in diesem Krimi tummelt. Und während man schmunzelt und einem hin und wieder das Wasser im Mund zusammenläuft, begibt man sich auf die Suche nach dem Täter.

Hier begegnet einem ein ganz besonders Exemplar eines Kommissars. Poensgen ist 46, einer der besten Ermittler und ein kleiner Grießkram. Trockener Humor und Sarkasmus gehören zu seinem Grundwortschatz und er hat ein Handicap. Nein, diesmal kein Alkoholiker oder drogenabhängiger Kommissar, er hat wirklich ein Handicap. Er sitzt seit einem mißglückten Polizeieinsatz im Rollstuhl - hüftabwärts gelähmt. Wer nun denkt einen vor Selbstmitleid triefenden Ermittler anzutreffen irrt gewaltig. Poensgen lässt sich nämlich nicht durch so eine "Lapalie" wie einen Rollstuhl aufhalten.

">>Gott sei Dank, der Schädel ist okay, der scheint zu funktionieren. Der Kopf ist der wichtigste Körperteil. Auf Beine kann ich verzichten<<, denkt Poensgen und spürt das Beißen seines Zynismus auf der Zunge wie zuvor den sauren Schleim." (S. 62)

Der Krimi besticht durch einen einfachen und flüssigen Schreibstil, doch der Erzählstil ist leider etwas ausschweifend, als ob die Autorin nicht wüsste wohin mit ihren vielen Ideen und Schmähs. Dadurch kommt es zu der ein oder anderen Länge. Auch mit dem eigenwilligen Deutsch der Autorin hatte ich manchmal zu kämpfen, hier ein paar Beispiele:

"Er hat noch nie mit einem Messer Spargeln geschält,..." (S. 73

"Maria zieht ihre graugrüne Parka aus..." (S. 179)

"Als er sicher sitzt, zieht er seine Sonnenbrille auf,..." (S. 194), etc.

Hauptsächlich störte mich das ständig auftretende Wort "Spargeln", wobei ich mir nicht sicher bin, ob das ev. eine landesspezifische Pluralbezeichnung für Spargel ist. Ich als Österreicherin habe es jedenfalls noch nie gehört. Das Lektorat scheint hier jedenfalls auch nur huschwusch drübergelesen zu haben.
Durch diese Kombinationen wirkt alles etwas unausgereift.

Der Krimi strotzt nur so vor skurrilen Figuren, was anfangs durchaus amüsant ist, dem Krimi aber auch etwas das Genick bricht. Immerzu witzige Sprüche, die manchmal etwas aufgesetzt wirken und es wieder auf Kosten der Spannung geht, denn diese will sich leider so gar nicht einstellen. Zudem wirken die Protagonisten dadurch, und vor allem die Kollegen von Poensgen, als hätten sie alle zusammen einen IQ eines Styroporkugerls. Wirklich ernst nehmen kann man außer Poensgen niemanden.

">>Also, nun mal ehrlich, es ist doch so, Tragödien beginnen mit der großen Liebe und enden erst dann, wenn alle umgebracht sind...<<"
(S. 49)

Ab der Mitte des Buches bessert sich das jedoch. Es kommt Spannung auf und es werden auch ernstere Töne angeschlagen. Weiters steckt der Krimi trotzdem voller überraschender Wendungen und ich huschte dann nur so durch die Seiten. Leider wurde mir persönlich das Ende wieder zu sehr in die Länge gezogen - über knapp 50 Seiten.

Im Anschluß hält die Autorin noch ein Rezept für ein Spargel-Mousse bereit. Eines, welches die alte Dame nicht mehr genießen konnte.

Fazit:
Der Anfang gestaltete sich für mich etwas holprig und auch nervig, denn diese ewiglangen und sinnbefreiten Aus- und Abschweifungen, sowie der Überfluss an gestelzt wirkenden Schmähs, zerrten doch etwas an meiner Geduld. Zudem wirken Schreib- und Erzählstil noch etwas unbeholfen und unausgereift. Das änderte sich ab der Hälfte schlagartig und die Autorin scheint ihren Flow gefunden zu haben. Während ich an der ersten Hälfte zwei Tage las, verschlang ich die 2. Hälfte in einem Rutsch. Nur das Ende war wieder eine etwas langwierige Geschichte.
Im Großen und Gnazen ist es jedoch ein locker-leichter Frühlingskrimi, der mich vor allem durch den unkonventionellen Ermittler begeistern konnte.
Falls sich die Autorin entschließen sollte einen  zweiten Teil zu schreiben, würd eich ihn sofort lesen...vorausgesetzt sie verwendet das Wort "Spargeln" nicht mehr ;-)

© Pink Anemone (inkl. Leseprobe, Autoren-Info und Rezept zum Buch: Spargel-Topfen-Mousse)