Rezension

Ein opulenter High-Fantasy-Auftakt

Das Geheimnis der Großen Schwerter 01. Der Drachenbeinthron - Tad Williams

Das Geheimnis der Großen Schwerter 01. Der Drachenbeinthron
von Tad Williams

Bewertet mit 4.5 Sternen

Dies ist nun mein zweiter Versuch eine Quadrologie vom Tad Williams zu lesen. Der erste Band von Otherland – ebenfalls ein Werk mit über 900 Seiten – hat mich eher abgeschreckt, als ermutigt die Reihe zu lesen. Von diesem Buch allerdings versprach ich mir viel mehr, da es sich ganz offensichtlich um High-Fantasy handelt und dies nun einmal mein Lieblingsgenre ist.
Im ersten Buch Der Drachenbeinthron steht Simon im Vordergrund. Nach seinen Lebensabschnitten (Simon Mondkalb – Simon Pilgrim – Simon Silberlocke) ist das Buch in drei Teile eingeteilt und um ihn herum baut sich der Handlungsfaden auf. Links und rechts neben diesem Handlungsfaden gibt es noch einige andere Erzählperspektiven, die vereinzelt eingestreut werden, um die Geschichte tiefgründig und atmosphärisch zu machen. So begleitet der Leser Simon Mondkalb in einer jungen, naiven Zeit bei seinem alltäglichen Leben als Küchenjunge im Hochhorst, der Burg des Hochkönigs von Osten Ard. Dabei wird er der Lehrling des Doktor Morgenes und verspricht sich davon viel zu lernen. Die Geschichte hat mich an dieser Stelle beinahe gelangweilt, weil nichts passierte, oder wenn, war es so abstrus, dass ich dies nicht einordnen konnte und bereits dachte, dies wird genauso durchgedreht wie Otherland. Zudem war die gesamte Erzählung sehr langsam, was ich eigentlich sehr schätze, und irgendwie war mir Simon noch nicht recht sympathisch. Doch weit gefehlt, als Simon als Simon Pilgrim schließlich den Hochhorst verlässt und sich aufmacht in Richtung Naglimund lernt er nach und nach seine Gefährten kennen und gemeinsam stellen sie fest, dass in Osten Ard etwas gehörig schief läuft und dies hat nicht nur mit dem sich stark veränderten Charakter des frisch gekrönten neuen Hochkönigs Elias zu tun. Als die Charaktere nach und nach die Geheimnisse lüften, werden auch die abstrusen Dinge aus dem ersten Buchabschnitt klar und deutlich und fügen sich gut in die Gesamtgeschichte ein. Nachdem die Hintergrundgeschichte nun dargelegt wurde, sind die Ziele der Gefährten klar und deutlich: Um Osten Ard zu retten, müssen die drei großen Schwerten vereint werden, um den bösen Elfenkönig Ineluki zu besiegen. Blöd nur, dass die Schwerter bisher unerreichbar sind. Mit der Zeit wird Simon jedoch nicht nur älter – es vergeht doch einiges an Zeit in diesem ersten Band – sondern auch reifer. Dadurch wurde er schließlich auch wesentlich sympathischer.
Nach anfänglicher Skepzis hat das Buch mich dann letztlich doch überzeugt. Vor allem gerade das, was mich am Anfag gestört hat, nämlich, dass nicht sofort klar und deutlich dem Leser auf dem Silbertablett der komplette mögliche Ablauf der Tetralogie dargelegt wird, die es dann nur noch abzuarbeiten gilt. Sowohl Protagonisten wie auch der Leser wissen zu Beginn nichts und erst nachdem deutlich wird, dass etwas nicht stimmt, begeben sie sich gemeinsam auf die Suche nach den Ursachen, Hintergründen und Lösungsmöglichkeiten. Dies lässt die gesamte Geschichte nicht nur atmosphärischer werden, sondern auch wesentlich authentischer und plastischer. Mit seiner opulent aufgebauten Geschichte hat mich Williams nunmehr endlich überzeugt, da sie alles hat, was ich mir von guter High-Fantasy verspreche: Eine gute ausgedachte Welt mit vielen verschiedenen Völkern, Ländern und den damit einhergehenden politischen Zwists, eine nicht gerade kleine Anzahl gut durchdachter, sympathischer Figuren, eine Story, die nicht nach ein paar Seiten beendet ist, sondern echtes Potential für einen Mehrteiler bietet, zudem Ausführlichkeit und Atmosphäre. Dadurch wird dieses Buch aber auch eindeutig zu einem, dass man nicht einfach nebenher lesen kann und sollte, sondern man muss sich Zeit nehmen und es auf sich wirken lassen, dann kann man mit Das Geheimnis der großen Schwerter in eine wunderbare Fantasy-Welt eintauchen.
Der Schreibstil gefällt mir gut auch die Übersetzung ist gelungen. Besonders putzig ist die etwas andere Redensart des Trolls, beim dem manche Substantivierungen schön falsch sind. Dies gibt diesem Charakter noch mehr Charme und grenzt sein Volk von dem der Menschen und Sithi hervorragend ab. Das Buch ist in die drei genannten Bücher unterteilt, die über zahlreiche Unterkapitel verfügen. Schön finde ich auch, dass es ein Inhaltsverzeichnis über die Abschnitte mit Kapiteln abgedruckt ist, so wusste ich beim Lesen stets, wo ich war und was noch kommt. Das Buch verfügt zudem über einen Anhang, bei dem alle wichtigen Personen und Orte aufgeführt sind und auch so manche Redewendung erklärt wird. Daran erkennt man, was für eine außerorderndliche Welt Williams sich mit Osten Ard ausgedacht hat. Zu Beginn empfand ich diese noch als unübersichtlich, da die einzelnen Abschnitte mit Details voll waren und ich dachte: “Die kommen alle auch noch vor?!” Doch so war es nicht. Auch alle erwähnten Namen z.B. aus Geschichten kann man dort samt einer kurzen Erklärung wiederfinden, so verliert man nicht den Überblick – was bei einem solch umfangreichen Werk vielleicht sonst passiern könnte. Zudem ist sowohl vorn als auch hinten im Buchdeckel eine detaillierte Karte abgedruckt, die nicht nur schön gestaltet -, sondern auch wirklich hilfreich ist. Dennoch hätten für mein Empfinden noch mehr Orte eingezeichnet werden können, auch die Ausdehnung des Waldes Aldheorthe kam mir nicht so präzise umgesetzt vor, wie sie aufgrund der Textvorlage hätte sein können. Im Buch erscheint der Wald schlicht viel ausgedehnter.

Fazit: Der Drachenbeinthron hat mich nach anfänglicher Skepzis zu überzeugen vermocht. Es ist der Auftaktband einer klassischen High-Fantasy-Geschichte auf hohem Niveau, bei dem man Spaß beim Lesen hat und gänzlich eintauchen kann in die Welt von Osten Ard. Es ist opulent, atmosphärisch, detailreich und spannend. Ich freue mich schon auf zahlreiche Lesestunden mit den Fortsetzungen!