Rezension

Ein reiner Tor

Voran, voran, immer weiter voran - Ryan Bartelmay

Voran, voran, immer weiter voran
von Ryan Bartelmay

Dies ist eine Familiengeschichte. Es ist eine Liebesgeschichte. Es ist eine Geschichte von Missverständnissen und vom Altwerden.
1950. Chic Waldbeeser ist ein junger Amerikaner, der plötzlich mit Diane verheiratet ist und erkennen muss, dass man auch gemeinsam einsam bleiben kann. Seine Frau vergewaltigt ihn in der Hochzeitnacht und will nach der Geburt ihres Sohnes Lomax keinen körperlichen Kontakt mehr mit ihm. Sein Bruder Buddy heiratet die Inderin Lijy, die als Exotin in der Kleinstadt für Aufregung sorgt und von Chic aus der Ferne vergöttert wird. Lijy wird nach einem Seitensprung mit einem Damenhandballtrainer schwanger und Chic übernimmt offiziell die Vaterschaft. Buddy trennt sich von seiner Familie und sucht Frieden in der Einsamkeit. Diane, der Chic erklärt weshalb er die Vaterschaft für Lijys Sohn Russ übernimmt, zieht sich völlig zurück und verfällt der Fresssucht.  Lomax ertrinkt just in dem Moment als Chic einen Swimmingpool in seinem Garten errichten will. Nach der Beerdigung versöhnt sich Buddy mit seiner Frau und beide eröffnen im mittleren Westen einen Naturkostladen. In den späten 80igern boomt der Fitnesstrend und der Laden wird erfolgreich.
Mary Norwood lernt Ende der 90iger Green Geneso kennen und heiratet ihn. Mary war in den 50iger Jahren eine aktive Poolspielerin und hatte sich lange Zeit damit ihr Geld verdient. Mit Green will sie einen Neustart versuchen, endet aber als Bardame im mittleren Westen. Als Green einen Schlaganfall hat lernt sie Chic kennen, der in einem Heim für betreutes Wohnen lebt. Sie wollen nach Florida, aber in Marys Kopf ist eine Stimme, die von Verantwortung spricht.

Ryan Bartelmay schafft es rasch, dass  man für Chic Sympathie  empfindet. Der junge Mann ist ein reiner Tor, der es allen recht machen will und Liebe und Geborgenheit sucht. Leider bleibt ihm dies verwehrt. Die Geschichte springt zwischen den Personen und den Jahrzehnten umher. Für den Leser ist es etwas anstrengend die Verbindungen zwischen den Personen Mary und Chic herzustellen, da sich beide erst im letzten Drittel tatsächlich kennenlernen. Es wird aber keinen Augenblick langweilig diese Geschichte aus Middleville zu verfolgen.

Chic ist ein Getriebener, keiner kann ihm Halt geben alle lassen ihn im Stich und er ist zu schwach um selbst zu entscheiden. Je älter die Protagonisten werden, desto einsamer werden sie. Die Familie stirbt, zieht weg oder wird zum Pflegefall. So kurzweilg hat noch keiner eine derart deprimierende Geschichte vom Altwerden erzählt.