Rezension

Ein schöner Roman für kalte Winterabende

Die Tortenbäckerin - Brigitte Janson

Die Tortenbäckerin
von Brigitte Janson

Bewertet mit 3.5 Sternen

Die Tortenbäckerin ist ein solider historischer Roman, dessen Hauptperson Greta sich im Laufe des Werkes von einer schüchternen unscheinbaren Hilfsköchin zu einer selbstständigen jungen Frau entwickelt, die sich zunächst einen guten Ruf als Leihköchin macht und dann einen eigenen Lieferservice mit Hilfe Siggos und seiner Familie gründet. Siggo ist ebenfalls ein interessanter Charakter: Von der ersten Sekunde an, als Greta ihm vor das Fuhrwerk lief, hegte er zarte Gefühle für sie, die bald zu Liebe wurden. Doch noch ist Gretas Herz anderweitig vergeben und Siggo geht auf verschiedene Weise damit um. Seine Stimmung schwankt zwischen hoffnungsvoll und verzweifelt und dieser Wechsel zieht sich durch das gesamte Buch.
Das Buch fängt die Stimmung Hamburgs im 19. Jahrhundert hervorragen ein. Dies wird durch die Dialoge mit typisch norddeutschen Begriffen wie „mien Deern“ oder „der Lütte“ wunderbar abgerundet. Ich habe mich wirklich in das winterlich-kalte Hamburg versetzt gefühlt. Der Schreibstil ist dabei leicht und flüssig. Ein Buch für schön kalte Winterabende eingekuschelt mit einer Wolldecke auf dem Sofa.
Meine Erwartungen an das Buch wurden durch den Titel in eine bestimmt Richtung gelenkt. Ich dachte, Greta würde nun eine Ausbildung zur Konditorin anstreben und sich damit selbstständig machen. Doch die wunderbar detailliert beschriebenen Griffe des Kochhandwerks wurden auf das Backen der Torten nicht übertragen. Sicher ist Greta am Ende selbstständig in ihrem Handwerk tätig, doch die Detailverliebtheit, die ich mir gewünscht hätte fehlt. Ihr Berufsleben steht eindeutig hinter den Problemen in ihrem Privatleben hintenan, denn genau darauf liegt der Schwerpunkt in diesem Buch. Greta hat ein großes Geheimnis, von dem zunächst nur Christoph etwas weiß, doch dieser ist schnell in Afrika und nun steht sie allein auf weiter Flur und mag sich niemandem anvertrauen, bis Siggo ihr Vertrauen gewinnen kann. Dies ist zwar ohne Frage auch sehr interessant gewesen zu lesen und ich habe auch unbedingt wissen wollen, wie es nun mit Greta, ihrem Geheimnis und Siggo weitergeht, dennoch ist der Funke nicht ganz übergesprungen. Das liegt wahrscheinlich am Titel, der bei mir andere Erwartungen geweckt hat, denn wie bereits gesagt, viele Torten hat sie nicht gebacken in diesem Buch. Im Gegenteil, ihr Lieferservice bot vorwiegend ganze Menüs an und die Torten nur als Dessert. Doch die schöne Atmosphäre und die interessante Haupthandlung  gleichen diesen Kritikpunk ein wenig aus.
Dafür gibt es beinahe für jedes erwähnte Gericht ein Rezept am Ende des Buches. Nur eines fehlt, da es (noch) nicht existiert, für diese Torte ist ein Rezept-Wettbewerb ausgeschrieben.

Fazit: Dieser historische Roman spiegelt wunderbar das winterliche Hamburg im Jahre 1895 wieder und hat eine schöne erzählerisch dichte Handlung. Man erlebt die Entwicklung Gretas von der einfachen Hilfsköchin zur Selbstständigen hautnah mit, wenn auch Details über das Backen/Kochen leider nicht so häufig zu finden sind, wie es der Titel vermuten lässt.