Rezension

Ein schönes Märchen für Erwachsene

Stardust - Neil Gaiman

Stardust
von Neil Gaiman

Bewertet mit 3.5 Sternen

Ein Märchen für Erwachsene, wunderschön geschrieben und kreativ, jedoch für seine Komplexität zu kurz und dadurch leider oft zu flach

Inhalt

Der junge Tristran Thorne ist unsterblich verliebt in die hübsche Victoria Forester, die von ihm jedoch nichts wissen will. Eines Abends gesteht er ihr seine Liebe und verspricht ihr alles, was sie sich wünscht, wenn sie ihm dafür nur einen Kuss gewährt. Victoria, die ihn nicht ernst nimmt, bittet ihn, ihr den gefallenen Stern zu holen, den beide in Form einer Sternschnuppe soeben beobachtet haben und der in Faerie, dem geheimnisvollen, hinter einer Mauer in ihrem Dorf für die meisten unerreichbaren Nachbarland, gelandet sein muss.
Was sie nicht ahnt: Der liebestolle Tristran macht sich sogleich auf den Weg und stürzt sich in Faerie in ebenso fantastische wie lebensgefährliche Abenteuer.
Und was Tristran nicht ahnt: Er ist nicht der einzige mit Interesse an dem gefallenen Stern. Bald schon beginnt ein Wettlauf um Leben und Tod mit einer blutrünstigen Hexe und machthungrigen Prinzen, die über Leichen gehen würden.

Meinung

Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich zu "Stardust" beziehungsweise "Der Sternwanderer" zuerst den Film gesehen habe und leider muss ich auch sagen, dass mir dieser fast besser gefällt, als die Romanvorlage.
Das soll keinesfalls heißen, dass das Buch schlecht wäre, und Neil Gaiman ist ohne Zweifel ein überaus talentierter Autor, doch man hat den Eindruck, er habe in diesem kurzen Büchlein zu viel auf einmal gewollt.

Die Welt und die Figuren aus "Stardust" bieten die besten Voraussetzungen für ein komplexes Fantasy-Epos: ein magisches Reich mit den verschiedensten Landschaften und den sie bewohnenden Fantasywesen und mehrere Figuren mit ihren eigenen Storylines und interessanten Vorgeschichten.
Alleine von den Geschichten aus und Beschreibungen von Faerie hätte ich noch wesentlich mehr lesen können und ich hätte gerne so viel mehr über die Figuren erfahren.

Genau da liegt dann auch das Problem: Das Buch ist für einen Roman recht kurz (in meiner Ausgabe in kleinem Format mit großer Schrift knapp 330 Seiten) und baut dafür meiner Meinung nach zu viele Figuren und Geschichten ein, die es dann nicht alle so ausführlich behandelt, wie man es sich wünschen würde und wie sie es verdient hätten. Dadurch wirken einige Ereignisse gegen Ende des Buches dann auch recht überstürzt und nicht ganz nachvollziehbar, als hätte man alles möglichst schnell zu Ende bringen wollen. Beispiele sind zB Tristran und Yvaines Zeit auf dem Schiff der Blitzfänger, die so knapp abgehandelt wird, dass man sie sich fast komplett hätte sparen können, oder auch das Verhältnis von Tristran und Yvaine allgemein.
In diesem Punkt hat mir der Film tatsächlich besser gefallen, denn er lässt natürlich viele Details weg, doch man hat nicht so sehr wie im Buch das Gefühl, dass einem wichtige Informationen fehlen - vielleicht, weil man von einem Film nicht ganz so ausführliche Erklärungen erwartet wie von einem Buch.
Doch auch abgesehen von den mangelnden Erklärungen war ich vom Ende etwas enttäuscht, da es in einem Punkt so gar nicht zum märchenhaften Rest der Geschichte passen wollte.

Neil Gaimans Schreibstil ist wunderschön und absolut passend für ein Märchen dieser Art; insbesondere am Ende konnte ich mir einige wunderschöne Formulierungen rausschreiben. Es gelingt ihm, auch alltägliche Dinge mit einer Poesie auszudrücken, die sie als etwas ganz besonderes erscheinen lässt.
Überraschend ist jedoch, wie brutal dieses Buch ist. Man fühlt sich eher an die originalen, blutigen und brutalen Märchen der Gebrüder Grimm erinnert als an die kindgerecht aufgearbeiteten Varianten, die man eher kennt. Deshalb ist das Buch auch, obwohl man es als Märchen bezeichnen könnte, nicht für Kinder geeignet.

Fazit

"Stardust" ist ein wunderschön geschriebenes Märchen für Erwachsene, das den Leser in eine faszinierende Fantasywelt eintauchen und mit einem sympathischen Helden mitfiebern lässt. Leider kommen einige wichtige Figuren, deren Gefühle und Handlungen durch die Kürze des Buches nicht ganz auf ihre Kosten, sodass insbesondere am Ende einige Entwicklungen nicht ganz nachvollziehbar bleiben. Auch wird das Ende ziemlich schnell abgehandelt und ist nicht wirklich befriedigend, weshalb ich nur 3,5 Sterne vergebe.