Rezension

Eine etwas andere Geschichte des antiken Griechenlands. Sehr interessant mit vielen neuen Details.

Die alten Griechen - Edith Hall

Die alten Griechen
von Edith Hall

Bewertet mit 4.5 Sternen

Eine etwas andere Geschichte des antiken Griechenlands. Sehr interessant mit vielen neuen Details.

Ich war mir zunächst nicht sicher, ob ich noch ein Buch über die Alten Griechen lesen sollte, hatte ich doch davon bereits sehr viel im Laufe meines Studiums. Als ich dann aber gesehen habe, dass es sich hier nicht nur um eine reine Ereignis- und Kulturgeschichte handelt, sondern Psychologie und Charaktereigenschaften im Vordergrund stehen, war mein Interesse geweckt. Ein neuer Blickwinkel auf „meine“ Alten Griechen kann nie schaden.
Zunächst möchte ich hier sehr empfehlen auch das Vorwort zu lesen. Normalerweise überspringt man dies und auch ich halte mich meistens nicht wirklich damit auf, aber in diesem Fall ist es absolut lesenswert. Ich gehe sogar soweit zu behaupten, dass man ruhig in der Buchhandlung vor dem Regal stehen bleiben kann und sich diese sechs Seiten einfach so beim Vorbeigehen gönnen könnte.
Das Buch stellt sich die Frage, was dazu geführt hat, dass ausgerechnet die Griechen so eine großartige Zivilisation aufgebaut haben. Die geographische Lage und kulturelle Kontakte werden keinesfalls verleugnet, zentral sind nach der Autorin jedoch zehn typische Charaktereigenschaften der Griechen: sie waren Seefahrer, misstrauisch gegenüber jeder Autorität, individualistisch, wissbegierig, offen für neue Ideen, humorvoll, begeistert von Wettkämpfen, sie bewunderten herausragende Fähigkeiten bei talentierten Menschen, redegewandt und vergnügungssüchtig.
Im Kern ist auch dieses Buch eine Kombination aus Ereignis-, Kultur-, Religions- und Philosophiegeschichte, jedoch wird das alles mit dem Fokus auf den Charakter und die Psychologie der Griechen präsentiert, wobei sehr intensiv antike Texte zitiert werden. Es ist zwar angenehm flüssig geschrieben, liest sich also schnell, ist aber aufgrund der zahlreichen Informationen, die teilweise nicht linear angeführt werden, keine leichte Kost. Ich würde dieses Buch also nicht Anfängern empfehlen, welche die Alten Griechen kennenlernen möchten. Wer jedoch bereits ein allgemeines Basiswissen besitzt und sein Wissen auffrischen oder vertiefen möchte, oder einfach nur einen neuen Blickwinkel kennenlernen möchte, der sollte hier zugreifen.
Aus einem persönlichen Interesse heraus habe ich die ersten fünf Kapitel regelrecht verschlungen, also von den Anfängen bis zum Peloponnesischen Krieg. Die restlichen Kapitel habe ich dann teilweise überflogen, weil diese Zeitabschnitte nie wirklich mein Steckenpferd waren, also Hellenismus, Rom und Christentum. Ich kann aber dennoch sagen, dass die Qualität nicht nachlässt, der flüssige Stil und der Fokus auf die Psychologie bis zum Ende aufrecht bleiben.
Fazit: Für Philhellenen sehr zu empfehlen.

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