Rezension

...eine gelungene Zusammenstellung für Fontane-Neu-Entdecker!

Der kinderleichte Fontane - Theodor Fontane

Der kinderleichte Fontane
von Theodor Fontane

Bewertet mit 5 Sternen

Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland – wer kennt ihn nicht, und auch das Leiden der Effi Briest mussten schon viele Generationen an Schüler*innen über sich „ergehen“ lassen. Doch kennt jemand noch mehr von Fontane? Ich leider bisher nicht…! Doch dank dieser entzückenden Anthologie kann nun Abhilfe geschaffen werden.

Auch wenn dieses Büchlein mit Der kinderleichte Fontane betitelt wurde, so ist es nicht ausschließlich nur für Kinder geeignet. Auch dem interessierten Neu-Einsteiger ins Fontansche Werk (so wie ich einer bin) verschafft es einen guten Überblick. Neben einer Vielzahl an Gedichten kredenzt uns Herausgeber Gotthard Erler eine abwechslungsreiche Mischung aus spannenden Geschichten (aus: Romane und Erzählungen in acht Bänden), Märchen und Sage (aus: Wanderungen durch die Mark Brandenburg), mystischen Erzählungen (aus: Das erzählerische Werk) und Berichten aus dem Leben eines Lausbuben (aus: Meine Kinderjahre. Autobiografischer Roman): Wir erfahren, wie Steuermann John Maynard das brennende Schiff unter Einsatz seines Lebens ans rettende Ufer bringt. Bei den Streichen und Abenteuern des kleinen Buben Theodor sind wir erleichtert über die Schutzengel, die über ihn wachen. Wir lernen mit Grete Minde eine resolute junge Frau kennen, die zu drastischen Mitteln greift, als sie von ihrem Bruder nicht ihr gewünschtes Erbe erhält. Fritz Katzfuß hat unser vollstes Verständnis bei seinem Versuch, seine heimliche Leidenschaft gegenüber seiner Lehrherrin zu verbergen – vergebens. Und natürlich sind auch für uns die Birnen aus dem Havelland noch immer die süßesten…!

In seiner kurzweilig geschrieben Einleitung lässt Gotthard Erler das Leben Fontanes Revue passieren und gibt einen prägnanten Einblick in die Persönlichkeit dieses vielschichtigen Künstlers. Illustratorin Sabine Wilharm, die u.a. bekannt durch ihre Covergestaltung der Harry-Potter-Romane wurde, lässt in der Einleitung amüsant Ribbecks Birnen über die Seiten toben, um einzelne Lebensstationen des Autors nachzustellen. Bei den Erzählungen und Gedichten trifft sie mit ihren kurios-kantig-komischen Illustrationen überzeugend den jeweiligen Grundton.

Diese gelungene wie abwechslungsreiche Zusammenstellung offeriert uns einen äußerst vielfältigen Poeten, der schon zu Lebzeiten als ein Pedant bekannt war und oftmals bis kurz vor Druck seiner Werke noch Änderungen an eben diesen vornahm. Das Ergebnis gab ihm recht: Seine Geschichten überzeugen durch eine geschliffene Sprache. Seine Lyrik erfreut mich als Vor-Leser mit einem interessanten Duktus und einem pulsierendem Rhythmus der Verse. Beinah melodisch sind seine Reime aufgebaut und verführen geradezu zu einer musikalischen Vertonung.