Rezension

Eine passive Protagonistin in einem lesenswerten Roman

Bis nächstes Jahr im Frühling - Hiromi Kawakami

Bis nächstes Jahr im Frühling
von Hiromi Kawakami

Bewertet mit 4.5 Sternen

Noyuris Mann möchte sich von ihr trennen. Die Ehe ist eingeschlafen. Takuya hat eine Affäre. Davon erfährt Noyuri durch einen anonymen Anruf. Dass die Ehe keine Achterbahnfahrt der Gefühle ist, das weiß auch Noyuri, seltsamerweise jedoch findet sie in der Tristesse und unspektakulären Routine dieser Ehe eine Art Geborgenheit. Daher möchte sie sich eigentlich auch gar nicht von Takuya trennen, sucht aber auch nicht das klärende Gespräch mit ihm. Alles driftet weiterhin so ein wenig vor sich hin.
Lediglich mit ihrem Onkel Makoto redet Noyuri einigermaßen offen, zumal er auch eine Art Referenz für sie ist, denn auch er hatte mal eine Affäre, die er aber zugunsten seiner Ehe beendet hat. Makoto ist es auch, der ihr eine Stelle in einer Arztpraxis vermittelt, die eine erste Station auf dem Weg in eine Selbstständigkeit ist, der Noyuri sich noch nicht richtig gewachsen fühlt.

Hiromi Kawakamis Roman hat kein unbedingtes Ziel, ist aber eine Reise. Als Leser fragt man sich, warum Noyuri sich selbst so in dieser Konstellation verhaftet und sich damit Möglichkeiten zur Selbstentfaltung nimmt, und doch ist ihr Charakter – überraschend in Anbetracht der Umstände - mir beim Lesen nie nervig geworden. In den Zeilen dieser Geschichte zeigt sich die Unsicherheit der eigenen Gefühle und dem, was man im Leben möchte ohne belehrend zu sein. Zu keinem Zeitpunkt des Buches hatte ich das Gefühl, dass die Ereignisse des Romans in eine bestimmte Richtung laufen müssten, und fühlte mich dennoch sehr gut unterhalten. Dieses Buch ist eine Reise, auf die man sich einlassen sollte.