Rezension

Einige interessante Ansätze, die am Ende doch nicht fesseln und überzeugen können

Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra - Robin Sloan

Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra
von Robin Sloan

Nachdem Clay Jannon aufgrund der Rezession seinen Job als Webdesigner verloren hat, ist er Profi darin, die Aushilfe-gesucht-Anzeigen Tag für Tag durchzugehen, nur um sich dann doch wieder der Prokrastination zu verschreiben und den lieben langen Tag die kostenlosen ersten Kapitel von E-Books zu lesen. Bei einem Spaziergang durchs schöne San Francisco stößt Clay auf eine Buchhandlung, die nicht nur damit wirbt, durchgehend geöffnet zu sein und sich neben einem ominösen Erotik-Geschäft befindet – zufälligerweise sucht der Inhaber Penumbra auch eine Aushilfe. Bücher in der Nachtschicht betreuen, obwohl er für die Technik lebt? Clay ist verzweifelt und versucht sein Glück, und tatsächlich kann er Mr. Penumbra überzeugen, der genauso mysteriös ist wie alles in seinem Laden. Denn es gibt kaum Kunden und wenn sich doch einmal jemand in die Buchhandlung verirrt, leihen sie Bücher aus den hintersten Regalen aus. Clay hat beim Antritt seines neuen Jobs geschworen, nicht in diese Bücher zu schauen, doch irgendwann siegt seine Neugierde und er wirft einen Blick in eines der Bücher. Buchstaben reihen sich an Buchstaben und ergeben doch keinen Sinn, sondern bilden Codes, die Clay auf die Spur eines großen Rätsels führen, das auch Mr. Penumbra und seine Kunden schon lange beschäftigt.

„Hallihallo“, rief eine sanfte Stimme hinter den Stapeln. Eine Gestalt kam zum Vorschein – ein Mann, groß und dürr wie eine der Leitern, in einem hellgrauen Hemd mit Button-down-Kragen und einer blauen Strickjacke. Er wankte etwas und ließ eine lange Hand an den Regalbrettern entlanggleiten, um sich abzustützen. Als er aus dem Schatten trat, sah ich, dass sein Pullover zu seinen Augen passte, die blau waren und in einem Nest aus Falten versanen. Er war sehr alt.
Er nickte mir zu und winkte schwach. „Was hoffst du in diesen Regalen zu finden?“
- Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra

Schrullige Charaktere, ein spannendes Rätsel und natürlich Bücher. Mehr kann man sich von einem Buch doch gar nicht wünschen – wenn es denn die Erwartungen nicht zu hoch geschraubt und eine „Liebeserklärung an Bücher“ versprochen hätte.
Die ersten Sätze vermögen einen noch in die Geschichte zu ziehen. Atmosphärisch und bildhaft geschrieben, sieht man die Buchhandlung mit den meterlangen Regalen direkt vor dem inneren Auge, glaubt die Bücher zu riechen … und dann verfliegt der Zauber; man wird in Clays, seit seiner Kündigung recht trostloses, Leben hineingezogen, bekommt geschildert, wie er zu dem Job in der seltsamen Buchhandlung kam, deren Kunden genauso sonderbar sind wie ihr Besitzer. Eine Hommage an Bücher? Fehlanzeige. Dafür wird der Autor nicht müde, einen Lobgesang auf Technik und vor allem Google anzustimmen. Natürlich thematisiert er damit das Problem, vor dem heute viele Verlage stehen – print vs. digital, Technik vs. Papier. Vielleicht muss man dazu einfach ein Nerd sein, doch mir wurde dieses ganze Technik-Gedöns irgendwann einfach zu viel, weil ich mir von diesem Buch einfach etwas anderes erwartet habe, nämlich, dass es meine Liebe zu Büchern widerspiegelt.
 

Kat hat eine New York Times gekauft, aber nicht herausbekommen, wie man sie bedient ...
- Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra

Ich fand die Charaktere anfangs wirklich herrlich sonderbar, von den „Sekten-Anhängern“ aka Penumbra und seine Kunden bis hin zu Clays Mitbewohnern, von denen der eine die ganze Wohnung mit seinen Kunstwerken belagert und die andere eine Perfektionistin ist, die von Clay als Android bezeichnet wird, bis hin zu Kat, der Googlerin der Geschichte, die ungefähr hundertmal das gleiche Shirt besitzt, weil sie sich nicht jeden Tag Gedanken darüber machen möchte, was sie anziehen soll. Durch diese Eigenschaften stechen die Charaktere zwar ein wenig heraus, doch sonst bleiben sie leider alle recht blass. Vor allem Clay, der ja nicht nur Protagonist ist, sondern aus dessen Perspektive auch die Geschichte geschildert wird, doch obwohl er der Erzähler ist, bleibt vieles im Dunklen – zum Beispiel, wieso er sich im Lauf der Geschichte auf die Suche nach Penumbra macht oder wieso er nun unbedingt dieses Rätsel lösen möchte. Könnte natürlich reine Neugierde sein, aber so wirklich beleuchtet wird das leider nie; auch seine Gefühle für Kat werden kaum beleuchtet.

Im Mittelpunkt der Geschichte steht natürlich das Rätsel um die Codes in den Büchern. Anfangs ist man da noch sehr neugierig, was nun eigentlich dahinter stecken mag, doch als man dann erfährt, was Penumbra und die anderen in den Codes suchen, entwickelt sich daraus mit Clay eine Suche, der leider der Spannungsfaktor fehlt und die mich nicht wirklich fesseln konnte. Die Geschichte bot einen interessanten Ansatz, aber das Rätsel um die Buchhandlung konnte mich nicht zwischen die Seiten ziehen, dazu hat mir einfach die Spannung gefehlt. Auch darf man keine Charaktere erwarten, die wie man selbst die Buchstaben aus Büchern regelrecht inhalieren und sich am liebsten in Büchern verlieren. Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra ist kein Buch über Bücher, und konnte mich auch leider nicht mit dem eigentlichen Thema überzeugen, dabei hätte es sicher spannender sein können.