Rezension

Einige Längen im Mittelteil

Das Leonardo-Papier - Susanne Goga

Das Leonardo-Papier
von Susanne Goga

"Das Leonardo-Papier" spielt Anfang des 19. Jahrhunderts in England, hauptsächlich in London. Georgina wohnt dort bei ihrem Großvater und ihrer Tante. Sie ist ohne Eltern aufgewachsen, da ihre Mutter kurz nach ihrer Geburt gestorben ist und ihre Familie ihr jede Aussage zu ihrem Vater verweigert. Georgina's Tante ist darauf aus, sie schnellstmöglich unter die Haube zu bringen, und so ist Georgina immer froh, wenn sie den Sommer bei ihrer Großtante in Oxfordshire verbringen kann. Dort verlangt niemand von ihr, dass sie zu irgendwelchen Bällen geht oder heiratswillige Männer kennenlernt. Ihre Großtante ist eher unkonventionell und lebt, seit sie verwitwet ist, alleine auf ihrem Anwesen und widmet sich der Wissenschaft. Sie ist Georgina's großes Vorbild.

Eines Tages erhält Georgina einen Brief einer Frau, die ihr mitteilt, sie hätte zwei Truhen, die seit Jahren für Georgina aufbewahrt wurden. Da Georgina den Absender nicht kennt, ist sie erst unsicher, was sie machen soll. Schließlich siegt jedoch ihre Neugier und sie fährt doch hin - und mit zwei großen, schweren Truhen zurück. Es stellt sich heraus, dass ihr jemand eine Stein- bzw. Fossiliensammlung vermacht hat, zusammen mit einem Notizbuch. Erst einige Zeit später entdeckt Georgina das Blatt Pergament, um das es eigentlich geht.

Parallel lernt sie Justus von Arnau kennen, und zusammen mit ihm macht sie sich auf die Suche nach dem Ursprung und der Bedeutung des Pergaments.

Anfangs liest sich das Buch sehr flüssig, auch wenn es etwas dauert, bis das namengebende Papier auftaucht. Die Charaktere sind gut gezeichnet und das Ganze ist gut recherchiert und wirkt absolut authentisch. Leider lässt das Buch jedoch ab der Mitte ziemlich nach und wird etwas langatmig. Scheint Georgina am Anfang noch mutig, und wagt sich sogar in Männerkleidern zu einem Vortrag, sitzt sie im zweiten Teil es Buches praktisch nur noch zu Hause und hadert mit ihrem Schicksal. Auf der einen Seite kann man als Leser die Restriktionen, unter denen sie leben muss, absolut nachvollziehen, auf der anderen Seite fällt es etwas schwer zu glauben, dass sie sich plötzlich in ihr Schicksal fügt - um dann zum Schluss doch wieder unkonventionell zu handeln. Irgendwie passte das für mich nicht ganz zusammen bzw. hätte ich mir im Mittelteil eine etwas andere Georgina gewünscht.

Gerade in der Mitte des Buches wird die Suche nach dem Geheimnis des Pergaments ein wenig nervig, weil nicht allzu viel passiert. Georgina findet nichts heraus, weil sie als Frau nur extrem eingeschränkte Möglichkeiten hat, aber auch Justus erlangt immer nur krümelweise neue Erkenntnisse. Und als schließlich herauskommt, was auf dem Pergament geschrieben steht - nun ja, ich hatte etwas Aufsehenerregenderes erwartet. Mit Sicherheit war es für die damalige Zeit der Gipfel der Gotteslästerung, aber da Georgina und Justus mit dem Papier nicht wirklich etwas anfangen fehlte mir einfach der große Knall am Ende.

Abgesehen von den Längen in der Mitte und dem etwas langweiligen Ende aber doch ganz nett zu lesen.