Rezension

Eins wollt ich dir noch sagen - ich hoffe es bleibt Zeit dafür.

Eins wollt ich dir noch sagen - Louisa Young

Eins wollt ich dir noch sagen
von Louisa Young

Bewertet mit 5 Sternen

Immer gibt es ein ungesagtes Wort, wenn wir es zulassen.

Die Geschichte nimmt ihren Anfang im Winter des Jahres 1907, als sich Nadine Waveney und Riley Purefoy als Kinder im Park kennenlernen. Die aufkeimenden Gefühle zwischen den Beiden werden von Nadines Mutter wegen der gesellschaftlichen Unterschiede, die zur Arbeiterfamilie Purefoy bestehen, nicht akzeptiert und auf erfolgreiche Weise boykottiert. Der Weg der jungen Leute driftet auseinander.

Nach einem Zeitsprung von 10 Jahren werden wir wieder Zeuge ihres weiteren Lebensverlaufs. Riley hat sich inzwischen, enttäuscht von unerfüllter Lebensliebe, freiwillig an die Front des gerade entbrannten ersten Weltkrieges gemeldet, und Nadine arbeitet in einem Lazarett als Krankenschwester. Keiner weiß vom Anderen, ihr Leben wurde von einem Augenblick zum nächsten in eine entsetzliche Parallelität geschoben, der vorher normal verlaufende Weg ist durch die Grausamkeit des Krieges ein Zerrbild geworden, das alles verändert, zerstört, beschmutzt und entblößt, was einmal heil, sauber und in Reinheit verborgen war - es ist ein Strudel, der alle Menschen und Umstände in sich einsaugt und irgendwie verstümmelt wieder ausspeiht.

Auch Riley erleidet eine schwere Verletzung, die ihn für immer von der Front heimbringt, innerlich und äußerlich ein Krüppel, ohne Hoffnung und Lebenswillen. Er glaubt, dort angekommen zu sein, wo viele sind, denen der Krieg das Leben nur gelassen hat, damit sie erkennen, wie groß die Verwüstung ist, die er angerichtet hat. Er scheint zu einem Leben ohne Hoffnung verurteilt zu sein, ohne einen Funken von Glauben - so wie es einmal in der Geschichte heißt - im Schatten einer Kathedrale, deren Herr nicht mehr existiert. Kann es sein, dass aus dieser Finsternis noch einmal ein Licht entsteht, das die Verzweiflung vergessen läßt?

Louisa Young zeichnet Gestalten und Gegebenheiten mit schöner klarer Spache. Sie bringt die Unterschiede zwischen Normalität und Kriegszustand, Heimat und Front mit eindringlicher Gewalt in unsere Gefühle. Sie zieht den Leser in ihren Bann, man muss ihr folgen, ganz gleich, ob ihre Worte ein Menuett beschreiben oder einen Todesreigen - ein facettenreiches, faszinierendes Leserlebnis.