Rezension

Eintauchen, Zeit vergessen, wohlfühlen…!

Das Geheimnis der Silvesternacht -

Das Geheimnis der Silvesternacht
von Nicholas Blake

In nur wenigen Tagen feiern wir Silvester, verabschieden das alte Jahr und blicken voller Hoffnung ins Neue Jahr. Und mit dieser Rezension verabschiedet sich auch die Rubrik LEKTÜRE ZUM FEST von meinem Blog, um sich hoffentlich am Ende des kommenden Jahres wieder frisch und mit einer Fülle an Lese-Tipps zurückzumelden.

Diesen Roman – obwohl schon im September erschienen und seitdem vom Verlag mir als Leseexemplar zur Verfügung gestellt – habe ich Euch sehr bewusst bisher vorenthalten, um das Jahr 2023 wohlig mit einer klassischen Krimi-Lektüre zu beenden. Denn das Gefühl, beim Lesen wohlig umfangen zu werden, um so ein wenig Ablenkung von den Katastrophen auf dieser Welt zu finden, habe wir uns alle redlich verdient…!

Der legendäre Privatdetektiv Nigel Strangeways verbringt die Silvesternacht in einem stattlichen Herrenhaus aus dem achtzehnten Jahrhundert im ländlichen England. Doch während überall im Land die Menschen das neue Jahr einläuten, läuft ihm die Zeit davon – denn das Leben eines Kindes steht auf dem Spiel: Nigel Strangeways reist auf Bitte der britischen Regierung über die Weihnachtsferien ins verschneite Südengland, um den Professor Alfred Wragby und seine Familie zu schützen. Dem Physiker ist ein bedeutender wissenschaftlicher Durchbruch gelungen, und jemand ist hinter diesem streng geheimen Wissen her. Als Wragbys achtjährige Tochter Lucy auf ihrem morgendlichen Weg vom Gästehaus zum Briefkasten von russischen Agenten entführt wird, die den Professor erpressen wollen, findet sich Nigel in einem Wettlauf gegen die Zeit wieder, um das Mädchen zu finden und eine Tragödie zu verhindern.

(Inhaltsangabe der Homepage des Verlages entnommen!)

Der Klett-Cotta Verlag schickt zum 4. Mal in Neuauflage einen der wunderbar unterhaltsamen Krimi-Schmöker aus der Feder von Nicholas Blake (Pseudonym für Cecil Day-Lewis) ins Rennen. Bei den Wieder-Veröffentlichungen geht der Verlag allerdings nicht chronologisch vor. Da alle Haupthandlungen in sich abgeschlossen sind, fällt dieser Umstand eher unwesentlich ins Gewicht und könnte somit vernachlässigt werden. Als aufmerksamer Leser interessiert mich allerdings auch die private (Weiter-)Entwicklung der Hauptpersonen einer Krimi-Reihe. So war ich etwas überrascht, dass die charmante Gattin unseres Helden, die ich in "Das Geheimnis des Schneemanns" kennenlernen durfte, hier mit keinem Wort erwähnt wird, und er stattdessen mit der aparten Clare Massinger liiert ist. Der Grund: Zwischen den Erst-Veröffentlichungen beider Werke liegen nicht nur satte 23 Jahre, sondern auch 7 weitere Romane, die wahrscheinlich Aufklärung geben könnten über den Verbleib der Ehefrau unseres stattlichen Helden Nigel Strangeways. Dies schmälert natürlich nicht meinen Genuss an dieser Kriminal-Story und darf auch nicht als Kritik an eben jener gesehen werden. Vielmehr geht dieser Hinweis in Richtung des Verlages mit der Bitte, sich bei den Wieder-Veröffentlichungen an der chronologischen Reihenfolge zu orientieren.

Ansonsten legte Blake abermals einen flott zu lesenden Krimi vor, der wieder eine handverlesene Zahl an Charaktere präsentiert, mit intelligenten Dialogen punktet, genügend unterhaltsame Verwicklungen bietet und ganz im Sinne der Entstehungszeit viel Zeitkolorit versprüht. Zudem schieben ihm die Anspielungen an den Kommunismus und dem kaltem Krieg einen Hauch in Richtung eines Spionage-Thrillers. Wobei der Autor wohltuend auf eine allzu plakative Schwarz-Weiß-Skizzierung der Figuren verzichtet, sondern vielmehr auf beiden Seiten sympathische wie auch durchaus weniger sympathische Personen agieren lässt.

Im Mittelpunkt steht selbstverständlich der charismatische Nigel Strangeways, der abermals sehr facettenreich dargestellt wird. Auch wenn Blakes Kriminalromane von der „goldenen“ Epoche des Genres geprägt sind, so ist seine literarische Kreation weniger der Super-Schnüffler, dem alles gelingt und dem die Erfolge nur so zufliegen. Vielmehr muss auch Strangeways so manchen herben Rück- bzw. schmerzhaften Tiefschlag verkraften. Doch all dies macht ihn nur menschlicher und somit nahbarer.

Das nächste Abenteuer von Privatdetektiv Nigel Strangeways wurde vom Klett-Cotta Verlag schon für das Frühjahr des nächsten Jahres angekündigt: Und diesmal hüpfen wir in der Chronologie wieder zwei Schritte zurück…!