Rezension

Epic

Sturmbogen - Sebastien de Castell

Sturmbogen
von Sebastien de Castell

Bewertet mit 5 Sternen

"Greatcoats knien vor niemandem."
Grad mal nachgeschaut, im Juni 2014 ging das Interview auf unserem Blog online. Ein Interview mit Brasti Gutbogen über seinen Autor Sebastien (-who-cares-about-this-guy-anyway-) de Castell. Warum nicht mit Falcio val Mond, erster Kantor der Greatcoats, Herz des Königs Paelis’? Damals erschien es mir wesentlich lustiger mit Brasti, dem Bastard (Key hat ein großes Herz für Bastarde), in einer Kneipe ein Ale zu trinken und mir ein wenig von ihm schöne Augen machen zu lassen. Man sollte nichts von dem glauben, was der Mann sagt, ließ uns Sebastien am Ende des Interviews in einem verzweifelten Aufbegehren wissen.

Und wisst ihr was? Ich liebe Brasti immer noch. Falcio ist mir als Held wirklich zu episch, wobei ich NICHT sage, dass er ein Mr. IMBA als Protagonist ist. Er ist 'nen ziemlicher Idiot, wenn ihr mich fragt und selbst wenn er merkt, dass er mal wieder völlig am Ar*** ist, weiß er das auch noch. Es ist schwer mit einem Charakter wie ihm, er ist nicht einmal ZU toll aber dann eben auch wieder borniert und zu stur um nicht toll zu sein. Im Gegensatz zu Kest, der als Dritter im Bunde definitiv und aber so was von heilig ist. Und ja, ich hab’ mir auf den Finger gebissen, als er da im Kreis auf die Knie gezwungen worden ist und ich schwöre ich hörte die Knöchel brechen!
"Ohne Worte gibt es keine Geschichte."
Oh je, war das jetzt schon gespoilert? Nicht, oder? Schätze es wäre ein Spoiler, wenn ich dazu gesagt hätte WARUM Kest in die Knie gezwungen wurde. Aber das sag’ ich nicht, denn dann fängt der wieder an zu flackern wie ein Kaminfeuer und schätzt ab wie viele Klingenkontakte ich gegen ihn bestehen würde. Ehm… in meinem Fall wären das 0 - und das obwohl ich eine Leidenschaft für’s larpen hege. Anders sah es da schon beim Ritteroberst Shuran aus. Was mich ungeheuerlich amüsiert hat (apropos wo ist 'Ungeheuer' geblieben?). Von den im letzten Teil erstmal geschätzten: 10 Kontakten, revidierte Kest erst auf 17 und dann immer weiter nach oben, bis wirklich jeder Kieselstein und jede Luftböe in seiner Vorausrechnung mit eingerechnet war.

Aber wieso heißt das Buch ’Sturmbogen’ wenn ich hier was von einem Schwertkämpfer fasele? Na ja, also vor allem deshalb weil wir nicht vergessen dürfen, dass Sturmbogen nur ein ’Nottitel’ ist, denn die Geschichte die in ihr steht umfasst die zweite Hälfte des Original betitelten zweitens Teils: „Knight's Shadow“. In Deutschland erschienen als ‚Hochverrat‘ & ‚Sturmbogen’. Wenn also Autor de Castell von 4 geplanten Büchern über die 3 Greatcoats spricht, dann meint er SEINE 4. Und während er schon seinen Teil 3 „Saint’s Blood“ ausgerufen hat, der bei uns 4 sein wird - oder womöglich: 4 und 5 (? wer weiß) leidet das Gesamtwerk an dem mutwilligen Bruch. Ich fand ‚Hochverrat‘ als allein stehendes Werk (natürlich innerhalb der Serie) nicht so glücklich wie ‚Blutrecht‘ - hat mich immerhin letztes Jahr voll umgehauen. Will damit sagen: die deutschen: 2. und 3. zusammen machen wieder 'nen Mantel draus, den ich mir gern, trotz fehlendem Ärmel, anziehen kann.
"Anscheinend ist Glück eine Reihe Sandkörner
in einer Wüste aus Gewalt und Leid."
Inhaltlich bewegen wir uns über Dörfer die bewaffnet und anschließend wieder befriedet werden, zurück nach Rijou, diese Blutstadt kennen wir ja aus Teil 1 schon. Dort stoßen wir auch direkt mal wieder auf die ominösen: ‚Du hast nichts gesehen‘ Daschini-Attentäter und auf viele Ränke und Intrigen, Heldenmut - natürlich- sowie ein wenig Emotion. Danach verfolgen wir mit Kest und Falcio einen dieser Mörder um deren Kloster zu finden, verweilen dort jedoch nicht sehr lange, sondern hopsen dann zum seit 5 Jahren leer stehenden Königshof in Aramor, stilecht voller Spinnweben, um bei der Ratsversammlung der Herzöge ordentlich auf den Tisch zu hauen. Wir haben ja auch keine Zeit, denn das Neatha Gift rinnt immer noch durch Falcios Blutbahnen und lähmt ihn immer länger, weil es sich an seinen Nerven festsetzt und diese Positionen eifersüchtig gegen alle Einwirkung verteidigt.

Ja, auch gegen die so genannten ‚ungetauften Dashini‘, welche ihm nun ans Leder wollen und ihm die ‚Greatcoats Wehklage‘ beibringen. Also versteht mich nicht falsch, der Falcio sitzt da jetzt nicht im Kloster bei 'nem alten weisen Lehrmeister und übt sich in Trance, geht durch die 9 Tode und kommt mit einer Super Saiyajin Power zurück… *hust*. Es ist viel profaner und er als Held war definitiv durch, hätte es da nicht ‚des Königs Geduld‘ gegeben. Irgendwie niedlich, wie sie alle so einen Zusatztitel tragen: ‚Königs Herz‘, ‚Königs Klinge‘… Und warum macht er das alles, der Falcio? „Er muss nur noch kurz die Welt retten…“ und will dann mit Ethalia schmusen. Ethalia… musste die sein? Ich mag die nicht, warum kann ich nicht mal genau sagen, vielleicht gönn’ ich es dem Magistrat nur einfach nicht glücklich zu sein, nicht mal für einen Augenblick.

Fazit: 
Sarkastische und gewollt ungewollt komische Sprüche klopfen, das kann Falcio; Kest ist wie immer, der Ernste. Aber Brasti ist der, dem ich das alles abkaufe. Auch, dass er nie dem König gefolgt ist, nie den Greatcoats, sondern dass er ganz und gar Falcio verfallen ist. Er liebt ihn und ich kann euch nicht sagen wie sehr er das tut! Er wird auf ewig diese Schnodderschnauze von Bastard bleiben, der ‚Wein, Weib und Gesang‘ bevorzugt und seine Bögen liebt, aber noch mehr als das sind Falcio und Kest seine Brüder. Für ihn ist Heimat da wo das Herz ist und das ist nicht nur dem Titel nach Falcio. Auch wenn der mal wieder keinen besonders guten Plan in petto hat.

In diesem Teil machen wir jedoch viel Charakterentwicklung und viel Tragödie in Sachen Falcios Leben mit, weshalb mir Brasti viel zu kurz kommt. Andererseits macht das aber nichts, denn tut der Handlung gut, mal ab und an auf die anderen zu verzichten. Denn es zeigt, dass Falcio alleine, ohne seine beiden Flankendecker absolut besiegbar ist. Besonders gut gefallen hat mir die Bardin: Nehra, die nur so am Rand entlang getänzelt ist und ein paar Melodien geklampft hat. Der Ausgang der Ratsversammlung hingegen war mir dann ein wenig zu schnell zugestimmt, aber am Ende hat die Schneiderin schon Recht: Zeig’ den Menschen was echte Angst ist und was sie erwarten könnte,… und auf einmal sind die aktuellen Probleme ein kleiner Regenschauer. Dass Adelige das aber auch wirklich NIE lernen!

Beim letzten Mal schrie ich nach einer Landkarte, diesmal wünsch' ich mir dann noch ein Namensregister *zwinker*. Und danke auch dafür, dass mehr der 'kleinen Götter' die so genannten 'Heiligen' etwas zu tun hatten. Aber da geht doch noch mehr? *Zum nächsten Titel schiel* Und wehe Kest wagt es sich NICHT als nächstes einen Gott herauszufordern! Und wem ist Falcio versprochen? Und wird der Heilige 'Merhan, der die Pfeile lenkt' in Rente gehen? Damit Brasti mit 'Laina, die für die Götter hurt' tändeln kann? Ich sehne mich nach dem nächsten Stück!

Ich möchte nach wie vor mehr über Paelis erfahren und mehr über die noch versteckten Greatcoats und ihre letzten Befehle! Ich LIEBE Tristia. Und ihr wisst wie schwer mir diese Punktevergaben fallen, deswegen ein für alle mal: Diese Bücher solltet ihr euch nicht entgehen lassen und wenn ich für jeden Schreib- und Tippfehler (ich glaube ein Tempusfehler war auch drin in einem Kapitel - schiebe das aber auf die psychische Verfassung des Perspektivträgers) in diesem Buch einen halben Punkt abziehen würde und deswegen nur 1 Lesekatze vergeben würde… wie doof würdet ihr dann schauen, wenn ich euch sagte: Ihr solltet es trotzdem lesen? Deswegen mache ich es euch etwas einfacher:
Ich trinke zum Urteil aus einem Glas, verziert mit goldenen Schwänen: