Rezension

Erinnerungen an eine Kindheit, die keine war

"Mama sagt, dass selbst die Vögel nicht mehr singen" - Myriam Rawick

"Mama sagt, dass selbst die Vögel nicht mehr singen"
von Myriam Rawick

Gebundene Ausgabe: 175 Seiten

Verlag: Karl Blessing Verlag (5. März 2018)

ISBN-13: 978-3896676221

Originaltitel: Le journal de Myriam

Preis: 15,00€

auch als E-Book erhältlich

 

Erinnerungen an eine Kindheit, die keine war

 

Myriam war sechs Jahre alt, als 2011 die Demonstrationen gegen den syrischen Präsidenten Baschar al Assad in Aleppo begannen. Kurze Zeit später fielen die ersten Schüsse - Syrien befand sich in einem grausamen Bürgerkrieg, den ganz besonders die Bewohner der wichtigen Wirtschaftsmetropole Aleppo zu spüren bekamen. Besonders der Osten der Stadt glich bald Geisterruinen.  

 

Auf Anraten ihrer Mutter begann Myriam Tagebuch zu schreiben, um die Ereignisse zu verarbeiten. Das hieraus resultierende Buch wurde zusammen mit dem französischen Journalisten Philippe Lobjois erarbeitet, der Ende 2016 nach Syrien kam.

 

Die Entwicklung des Krieges ist anhand dieses Tagebuchs sehr gut abzulesen. Anfangs überwiegen ganz normale Einträge, in denen Myriam ihr Leben mit der Familie und mit ihren Freunden schildert, Besuche auf dem Markt, Familienfeiern, Beschreibungen ihres Viertels - ein glückliches, unbeschwertes Leben. Nach und nach mischen sich Schüsse in den Alltag. Verwandte werden entführt oder sterben, Nachbarn fliehen. Aber immer noch spielen die Familie und die Schule eine wichtige Rolle. Schließlich findet man in den Tagebucheinträgen fast nur noch schlimme Ereignisse. Nach Spielen, Lachen und Feiern ist niemandem mehr zumute. Es geht darum, wann wohl der Strom wieder kommt oder wann man wieder Wasser haben wird. Ob etwas zu essen auf den Tisch kommt, ob man ein weiteres Mal umziehen muss, um den Kämpfen zu entgehen. Und ob man seine Lieben am Abend wiedersehen wird, wenn man sich am Morgen trennt. Die Angst vor Verlust und vor dem Tod ist allgegenwärtig .

 

Die einzelnen Abschnitte sind recht kurz, selten mehr als eine Seite, oft nur wenige Zeilen. Die Sprache ist sehr einfach, eben einem Kind entsprechend. So wirkt das Buch sehr authentisch, ist aber natürlich kein literarisches Meisterwerk. Trotzdem gebe ich in diesem Fall gerne 5 Sterne, weil ich das Buch für sehr lesenswert halte und mir wünsche, dass viele Menschen es lesen und daraus lernen.