Rezension

Eva Illouz: Warum Liebe weh tut

Warum Liebe weh tut - Eva Illouz

Warum Liebe weh tut
von Eva Illouz

Eva Illouz, Professorin für Soziologie in Jerusalem, ist bekannt geworden durch ihre Bücher Gefühle in Zeiten des Kapitalismus und Der Konsum der Romantik. Die Schriftstellerin aus Israel hat es sich zur Aufgabe gemacht, romantische Gefühle zu erforschen wie Karl Marx die Ware. 

Wie wirken sich gesellschaftliche Umstände auf die Liebe aus? Lieben wir glücklicher, wenn wir mehr über die Liebe wissen? Müssen wir nicht endlich Hingabe und Leidenschaft als etwas Neues definieren, als etwas, das unsere Freiheit nicht gefährdet?
Was macht sie aus, die Rationalisierung der Liebe? Und was tun sie uns letztendlich Gutes, die Internetpartnerbörsen? Überhaupt etwas?

3 Gründe veranlassten mich, das Buch von Frau Illouz zu lesen: zum einem meine Vorliebe für Jerusalem und die Menschen, die von dort stammen oder dort leben, zum Zweiten der Kommentar von Eva Illouz im Spiegel zur unsäglichen Erotik-Schmonzette Shades of Grey, in dem sie Frauen der Jetztzeit auf recht schlüssige Art und Weise empfiehlt, ihren Kinderwunsch nicht von Liebe abhängig zu machen, und zum Dritten das ewige menschliche Dilemma der Sehnsucht nach Liebe auf der einen, der Anstrengung, dem emotionalen und zeitlichen Aufwand, dem Zweifel auch an eben dieser auf der anderen Seite.
Gespannt habe ich also auf das Erscheinen gewartet, entsetzt, auf dem Buchrücken einen Kommentar der BRIGITTE zu finden, schon versucht, es wieder ins Regal zu stellen.

Aber das „mehr wissen wollen“ hat gesiegt, und ich habe es nicht bereut; im Gegenteil, mein neues Lieblingssachbuch ist just dieses.

Frau Ilouz erklärt uns anhand vieler Beispiele aus der Literatur (schon allein die Literaturtipps sind ein Kaufargument), warum zum Beispiel die arme Madame Bovary mit ihrem langweiligen Gatten an der Ehe scheiterte – aber auch an ihrem doch ach so funkelnden Liebhaber, warum die verzweifelt unglücklich Liebenden ausSturmhöhe uns noch heute so faszinieren, und dass es sehr wohl einen Unterschied gibt zwischen Liebe in Zeiten Jane Austens und der des Internets. Die Gesellschaft hat das Gefühl an sich verändert, nur nicht die Männer und Frauen, die mit den soziologischen Mechanismen noch nicht so recht umzugehen wissen und nun Therapeuten, Partnerbörsen und Coaches ihren Lebensunterhalt finanzieren.
Liebe tat schon immer weh, und der “Chagrin d´amour” ist nun mal im Prozess enthalten, aber in einer Zeit wo der Return of Invest wichtiger geworden ist als die Freude am Hineingeben; in einer Zeit in der Bindungsunfähigkeit ein Modewort und die Suche nicht von Herzklopfen sondern Persönlichkeitsprofilen gesteuert ist, haben wir uns selbst die Umstände schwer gemacht, uns nach einem Ideal zu sehnen, ganz zu schweigen davon, es auch zu leben.
Eine ungeheuere Partnerauswahl, listenweise Attribute, vorher schon angepriesen, ausgepreist, ausgesiebt, abgecheckt – keine Chance mehr für normale Antipathie oder Sympathie. Für all das Wissen zahlen wir natürlich auch den Preis: Den Verlust der Leidenschaft.
Und doch, m.E. nach haben sich die wesentlichen Dinge leider eben nicht verändert: Immer noch regiert auf dem Liebesmarkt das Männerdiktat, immer noch sind wir so ungerecht ungleiche Marktteilnehmer, und am schlimmsten: immer noch sehen und praktizieren Frauen Sex als Einstieg in eine Beziehung auf der Suche nach dem Versorger.
Da wird mir Angst und Bange – auch um die Männer, die zwar in der stärkeren Position sind und deren Modell wir alle noch leben, aus Mangel an einem neuem. Nach welchen Werten wollen auch sie sich orientieren? Und: Ein Zuviel an Auswahl ruft auch gern Entscheidungsunfähigkeit hervor …
WHY LOVE HURTS – wenn Sie es also wissen wollen, wenn Sie das Innere von außen betrachten wollen, dann lesen Sie das Buch!