Rezension

Familie, nein danke

Geschwister im Gegenlicht -

Geschwister im Gegenlicht
von Sabine Bode

Bewertet mit 4 Sternen

Das hat Sonja immer gedacht, wenn der Gedanke an ihre Eltern aufkam. Auch das Verhältnis zu ihrem Bruder Rolf ist nicht das Beste. Sie scheinen immer aneinander vorbei zu reden. Dann meldet sich Rolf mit seiner jüngsten Tochter Nina  bei Sonja in ihrem Feriendomizil an der Ostsee an. Ein wenig durcheinander bringt er Sonja damit schon. Sie hat den Tod von ihrem Mann noch nicht richtig überwunden und will nach der Trauerphase erst wieder zum Leben finden. Dass ihre junge Nichte ihr durch ihre alleinige Anwesenheit helfen könnte, geht Sonja nach und nach immer deutlicher auf.

 

Die Geschwister Sonja und Rolf sind in der Nachkriegszeit im Rheinland aufgewachsen. Wegen eines deutlichen Altersunterschiedes waren sie Bruder und Schwester und doch wieder nicht. Und so scheint es auch heute noch, wo Rolf um die Sechzig ist und Sonja auch schon die Fünfzig überschritten hat. Wie werden sie die gemeinsame Zeit überstehen? Oder wird Sonja getreu ihrem Motto froh sein, wenn die liebe Verwandtschaft sich wieder auf den Weg gemacht hat. Überraschend für Sonja ist Rolf nicht der starke große Bruder, den sie erwartet hat, und für die dreizehnjährige Nina empfindet sie fast schon eine Bindung. Die gemeinsamen Tage halten vielleicht mehr als sie versprachen.

 

Dieses Hörbuch wird perfekt und angenehm vorgetragen von Hemma Michel. Durch die wunderbare Lesung kann man der Geschichte und den Empfindungen Sonjas und Rolfs sehr gut folgen. Das Schweigen der Eltern hat es ihnen als Kinder erschwert, die Eltern zu erkennen und ihren Weg zu finden. Erst als Erwachsene machen sie sich auf, jeder und jede auf seine oder ihre Weise, das Wesen von Mutter und Vater zu entschlüsseln. Nicht nur Schönes entdecken sie und mit Eltern, die in der Nazi-Zeit ihren Mann oder ihre Frau standen, muss erstmal zurecht kommen, bevor man entscheiden kann, ob und wie man sie konfrontiert. Weder für Sonja noch für Rolf war es leicht und Beide haben Wunden davongetragen. Es besteht die Hoffnung, dass sie als Geschwister ein wenig besser zusammenfinden. Sie auf ihrem Weg zu begleiten, ist ein beeindruckendes Erlebnis, das Gedanken an die eigenen Eltern und Großeltern auslöst. Vielleicht haben Kinder, Enkel und Urenkel doch noch einiges aufzuarbeiten.