Rezension

Familienwahnsinn mit Folgen

Von der Liebe und den Jahren dazwischen - Frida Matthes

Von der Liebe und den Jahren dazwischen
von Frida Matthes

Bewertet mit 3 Sternen

Muttertier Henriette Henkemeier geht ihre Familie über alles, was Ehemann Patrick, die drei Töchter und ihre eigene Mutter jeden Tag aufs Neue zu spüren bekommen. Sie werden umhätschelt und umhegt, kein Hindernis ist für Henriette zu groß, was manchmal leider auch zu einigen Konflikten führt und den Haussegen schief hängen lässt. Als die älteste Tochter Saskia nach dem Abitur mit einem viel älteren Fotografen gen Frankreich aufbricht, blinken in Henriettes Kopf alle Alarmlampen auf. Hals über Kopf ohne nachzudenken schwingt sie sich in den Wagen, um ihre Tochter zu verfolgen und sie vor möglichem Unbill und zu bewahren. Das hat Auswirkungen auf die gesamte Familie Henkemeier…

Frida Matthes hat mit „Von der Liebe und den Jahren dazwischen“ einen kurzweiligen Roman vorgelegt, der den täglichen Alltagswahnsinn innerhalb einer Familie wiederspiegelt, wobei dieser auf seine ganz eigene Weise ausartet. Der locker-leichte und amüsante Erzählstil in der Ich-Form lässt den Leser sofort mit Henriette verwachsen und die Situationen mit ihren eigenen Augen sehen, wobei man sich oftmals fragt, ob man ebenso verrückt ist wie die Protagonistin. Die Autorin gibt Einblick in ein Familienleben, wie es tagtäglich in vielen Haushalten stattfindet. Wo man mit Pubertierenden auf Kriegsfuß steht und Geduld aufbringen muss, wo der Ehemann nie daheim ist, um sich ebenso zu kümmern und alles an der Frau des Hauses kleben bleibt, die sich ständig um die Kurve bringt, um allen gerecht zu werden. Sie selbst identifiziert sich nur noch über ihre Familie, geht dabei völlig unter, und ihre eigenen Wünsche und Bedürfnisse bleiben auf der Strecke. Das Klammeräffchen Henriette hat verlernt, auf eigenen Füssen zu stehen. Da hilft auch die eigene Mutter nicht weiter, die an allem und jedem etwas auszusetzen hat und es natürlich immer besser weiß. Als Leser verdreht man oft die Augen und hofft, nicht selbst auch solch ein Aufhebens gemacht zu haben. Durch die oftmals völlig überspitzte Sichtweise geht der Spaß an der Geschichte etwas verloren, weil es so unwirklich und an den Haaren herbeigezogen wirkt.

Die Charaktere sind liebevoll in Szene gesetzt, mit ihren individuellen Ecken und Kanten sorgen sie für den Unterhaltungswert der Geschichte. Der Leser fühlt sich zwar keinem wirklich nah, verfolgt dennoch interessiert dem familiären Treiben. Henriette ist eine Frau, die sich innerhalb der Familie selbst verloren hat. Sie ist übereifrig und kontrollsüchtig, aber auch geduldig, stur und nervig. Ihre eigene Unzufriedenheit überträgt sich auf die gesamte Familie. Ehemann Patrick hat mit Hilfe seines Jobs schon das Weite gesucht, er wirkt völlig unpersönlich, als hätte er mit allem nichts zu tun. Saskia, Ida und Nelli sind typische Teenager, die sich ausprobieren müssen und dabei die Nerven ihrer Mutter über Gebühr strapazieren. Henriettes Mutter erfüllt das Klischee der nörgelnden Schwiegermutter, nur trifft sie vor allem die eigene Tochter mit ihren andauernden Kommentaren und der ständigen Besserwisserei.

„Von der Liebe und den Jahren dazwischen“ ist eine typische Urlaubslektüre, die man am besten fernab des eigenen Haushalts konsumiert, um sie amüsant zu finden. Das ständige In-Watte-packen kann gehörig auf die Nerven gehen und lässt einen hoffen und wünschen, dass man nicht ebenso durch die Familie wirbelt. Kurzweilig für zwischendurch!